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Karl Jaspers - Südverlag
Jedoch zu Ihrem Aufsatz.
Sie werden sich dem SÜDKURIER gegenüber, über dessen veränderte Basis Herr
Dr. Harzendorf Ihnen die offizielle Mitteilung machen wird,1110 wohl erklären, ob Sie
die Arbeit noch erscheinen lassen wollen oder nicht. Ich meinerseits würde gern da-
ran festhalten, Ihren Aufsatz und andere für die »Deutsche Anklage« geschriebene
in meinem SÜDVERLAG, der vom Südkurier-Verlag unabhängig war und ist, gesam-
melt zu veröffentlichen,1111 und würde hierbei gern in die Honorarbedingungen, die
Ihnen der alte Südkurier-Verlag machte, eintreten. Ich könnte den Aufsatz aber auch
zunächst zum Vorabdruck an den Berliner »Tagesspiegel« geben, der, u.a. von meinem
Freund Erik Reger geleitet, in dem unglücklichen Berlin nach gleichen Tendenzen ar-
beitet, wie ich es hier versuchte.1112
Vorhanden sind bisher äusser Ihrem ein Aufsatz von Professor Ritter-Freiburg »Die
Verwüstung des deutschen Geschichtsbildes im Hitlerreich« und von Frhr. v. Krane-
Sigmaringen »Die Schuld am deutschen Soldaten«.1113 Wesentlich würde u.a. dann
wohl auch noch eine von Professor Spranger zugesagte Arbeit sein.1114
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr sehr ergebener
Johannes Weyl
490 Karl Jaspers an Johannes Weyl
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Heidelberg, den 13. III. 1946
Sehr verehrter Herr Weyl!
Entschuldigen Sie meine späte Beantwortung Ihres freundlichen Briefes vom 16. II. Ich
war krank und beeile mich, nun als Reconvalescent Ihnen zu schreiben, dass ich mit
der Verwendung meines Aufsatzes, wie Sie sie planen, gern einverstanden bin, sowohl
mit der Aufnahme in das von Ihnen herausgegebene Buch wie mit einem Vorabdruck
im »Tagesspiegel«. Ob nun der Titel nicht besser zu verändern wäre? Etwa: »Die Wis-
senschaft im nationalsocialistischen Staat«. Das Wort »Verbrechen« gefällt mir nicht
ganz, weil man an im Strafgesetzbuch definierte Verbrechen denkt. Im Text wird das
Wort sogleich im übertragenen Sinne verstanden.
Ich beklage mit Ihnen die Metamorphose des Südkurier. Es ist ein schlimmes Symp-
tom. Wir können also keine Times ertragen, das heisst, eine parteilose, eigenverant-
wortliche, positiv die Regierung stützende, aber kritisch stützende Zeitung mit einer
eigenen geistigen Überlieferung? Oder fasse ich die Lage falsch auf?
Mit den ergebensten Grüssen
Ihr
Karl Jaspers - Südverlag
Jedoch zu Ihrem Aufsatz.
Sie werden sich dem SÜDKURIER gegenüber, über dessen veränderte Basis Herr
Dr. Harzendorf Ihnen die offizielle Mitteilung machen wird,1110 wohl erklären, ob Sie
die Arbeit noch erscheinen lassen wollen oder nicht. Ich meinerseits würde gern da-
ran festhalten, Ihren Aufsatz und andere für die »Deutsche Anklage« geschriebene
in meinem SÜDVERLAG, der vom Südkurier-Verlag unabhängig war und ist, gesam-
melt zu veröffentlichen,1111 und würde hierbei gern in die Honorarbedingungen, die
Ihnen der alte Südkurier-Verlag machte, eintreten. Ich könnte den Aufsatz aber auch
zunächst zum Vorabdruck an den Berliner »Tagesspiegel« geben, der, u.a. von meinem
Freund Erik Reger geleitet, in dem unglücklichen Berlin nach gleichen Tendenzen ar-
beitet, wie ich es hier versuchte.1112
Vorhanden sind bisher äusser Ihrem ein Aufsatz von Professor Ritter-Freiburg »Die
Verwüstung des deutschen Geschichtsbildes im Hitlerreich« und von Frhr. v. Krane-
Sigmaringen »Die Schuld am deutschen Soldaten«.1113 Wesentlich würde u.a. dann
wohl auch noch eine von Professor Spranger zugesagte Arbeit sein.1114
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr sehr ergebener
Johannes Weyl
490 Karl Jaspers an Johannes Weyl
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Heidelberg, den 13. III. 1946
Sehr verehrter Herr Weyl!
Entschuldigen Sie meine späte Beantwortung Ihres freundlichen Briefes vom 16. II. Ich
war krank und beeile mich, nun als Reconvalescent Ihnen zu schreiben, dass ich mit
der Verwendung meines Aufsatzes, wie Sie sie planen, gern einverstanden bin, sowohl
mit der Aufnahme in das von Ihnen herausgegebene Buch wie mit einem Vorabdruck
im »Tagesspiegel«. Ob nun der Titel nicht besser zu verändern wäre? Etwa: »Die Wis-
senschaft im nationalsocialistischen Staat«. Das Wort »Verbrechen« gefällt mir nicht
ganz, weil man an im Strafgesetzbuch definierte Verbrechen denkt. Im Text wird das
Wort sogleich im übertragenen Sinne verstanden.
Ich beklage mit Ihnen die Metamorphose des Südkurier. Es ist ein schlimmes Symp-
tom. Wir können also keine Times ertragen, das heisst, eine parteilose, eigenverant-
wortliche, positiv die Regierung stützende, aber kritisch stützende Zeitung mit einer
eigenen geistigen Überlieferung? Oder fasse ich die Lage falsch auf?
Mit den ergebensten Grüssen
Ihr