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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0693
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576

Karl Jaspers - Panagiotis Kanellopoulos

deutschen, die bekanntlich - im Gegensatz z.B. zur französischen - alles Fremde (sogar
das Fremdeste in der Dichtung) mit der grössten Uneigennützigkeit und mit lieben-
der Gastfreundlichkeit aufnimmt. Man kann egoistische und altruistische Sprachen
voneinander unterscheiden. Die deutsche und die griechische gehören der zweiten
Kategorie zu. Sie machen sich das Fremde eigen, indem sie - im Gegensatz zur franzö-
sischen Sprache, die es zu Gunsten ihrer verabsolutierten Eigenartigkeit vergewaltigt
- sich aufopfern und im Fremden aufgehen (was im Grunde genommen die höchste
mögliche Bejahung ihres eigenen Seins bedeutet). Mit der Übertragung Ihrer zweiten
Vorlesung bin ich wieder zu diesem Gedanken gekommen.
Hoffentlich geht es Ihrer Frau Gemahlin und Ihnen gut. Meine Frau erlaubt sich,
Ihre besten Grüsse und Wünsche zu senden. Kapetanakis will mich bald wieder be-
suchen. Er denkt einen ganzen Monat bei mir zu bleiben, was mir eine grosse Freude
bereiten soll.
Indem ich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin meine Empfehlungen ausspreche, ver-
bleibe ich
Ihr
Ihnen tief ergebener
Panagiotis Kanellopoulos
594 Karl Jaspers an Panagiotis Kanellopoulos
Typoskript; Durchschlag: DLA, A: faspers
Heidelberg, den 18. V. 1938
Sehr verehrter Herr Kanellopoulos!
Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Brief und für Ihre grosse Mühe, die Sie meiner
Arbeit zugewandt haben. Froh bin ich, dass Sie Freude dabei hatten. Was Sie über die
Sprachen sagen, ist wahr und tief. Und dass Sie von Ihrer griechischen Sprache so re-
den können, das zeigt erst den ganzen grossen Ernst, mit dem Sie bei Ihrer Sache sind
- der Erneuerung der griechischen geistigen Welt aus dem geschichtlichen Grunde
der Sprache heraus. Kapetanakis sprach manchmal davon. Ich beklage es, dass ich aus
Mangel an Kenntnis des Griechischen - ich habe eine blosse Buchkenntnis und auch
nur eine begrenzte des alten Griechisch - Ihnen nicht folgen kann, dass ich nicht se-
hen kann, was Sie eigentlich leisten. Denn dass Sie es leisten, spüre ich aus dem Ton
und dem Inhalt dessen, was Sie sagen, und was Kapetanakis mir wiederholt übersetzt
hat. Ich sehe es noch an der grossen Wirkung, die Sie auf diesen trefflichen Menschen
von so hohem Range haben, der Sie so liebt und verehrt und alles tut, um Ihren An-
sprüchen Genüge zu leisten. - Um noch einmal auf Ihre Bemerkung über die egoisti-
schen und altruistischen Sprachen zu kommen: Sie sprechen aus, was in der Idee der
 
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