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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0748
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und umgekehrt. Das Gegenwartsbewußtsein zu erhellen und zu steigern, versucht die-
ses Buch.
Es wirft im ersten Teil den Blick auf die Grundentscheidungen der bisherigen Ge-
schichte, von der Vorgeschichte über die alten Hochkulturen und über die Achsenzeit
bis zum wissenschaftlichen und technischen Zeitalter. Es zeigt im zweiten Teil die gegen-
wärtigen Tendenzen im Sozialismus, in dem Drang zur Welteinheit, im Glauben; Tenden-
zen, die aus dem Willen zur Freiheit entspringen, aber zweideutig diese ermöglichen oder
zu vernichten scheinen. Damit werden die Gefahren in der heutigen Katastrophe sicht-
bar und die Chancen der künftigen Geschichte. Das Menschendasein wird in jedem Un-
heil doch irgendwie weitergehen. Daß es aber Gestalten annehmen könnte, die uns wie
Vernichtung anmuten, und daß unser Zeitalter an einem Einschnitt steht, wie er tiefer
noch niemals in aller uns überlieferten Geschichte war, das wird heute nicht nur unge-
fähr und im allgemeinen, sondern immer bestimmter bewußt. Schließlich soll im drit-
ten Teil erörtert werden, was das Wissen von der Geschichte heute für uns bedeutet und
bedeuten könnte.
Der Versuch möchte eine Gesamtanschauung gewinnen. Aber die ungeheure Frage
nach der Geschichte zu bewältigen, geht über die Kraft eines Einzelnen. Es muß gewagt
werden, das Wesentliche einfach und faßlich, aber hinauf bis zu den letzten und tiefen
Problemen darzustellen. Ich wünsche mir aus allen Kreisen nachdenkliche Leser, die nach
der Situation unserer Zeit fragen, täuschungslose Anschauung und innere Haltung dazu
suchen. K. J.«
11 Vgl. K. Jaspers: Psychopathologie generale, Paris 1928,21933. - Jaspers war zunächst von die-
sem Vorhaben durchaus angetan: »Meine Psychopathologie wird ins Französische über-
setzt und erscheint im Verlag Alcan, Paris - einem der grössten Verlage in Frankreich.
Mein Gewinn dabei allerdings wird kaum einige hundert Mark erreichen. Doch freut es
mich.« (K. Jaspers an H. Jaspers, 25. September 1925, DLA, A: Jaspers). - Doch im Sommer
1927 teilte ihm Alfred Kastler, einer der Übersetzer, ernüchternd mit: »Ich habe mit bes-
tem Willen das Werk übersetzt, so gut ich konnte. Die sprachlichen Mängel fühlend, hatte
ich denn auch zwei innerfranzösische Freunde, Studenten der Philosophie, gebeten, die
Arbeit durchzuprüfen, gegen Überlassung 1/3 meines Honorars. Für ein so bescheidenes
Angebot habe ich allerdings von ihnen keine gründliche Umarbeitung verlangen können
[...]. In Anbetracht dieser Umstände hatte ich den Verleger um Bewilligung neuer Kosten
gebeten, um eine Durcharbeitung von kompetenten Personen zu ermöglichen. Alcan hat
mir dies jedoch abgeschlagen, mit dem Einwand, daß die Übersetzung druckfertig abzu-
liefern sei [...] und daß die Heranziehung von Mitarbeitern meine Sache sei, was ich im
Voraus hätte überrechnen sollen. Formell ist sein Einwand berechtigt, aber menschlich
genommen ist er wohl nicht sehr fein. Ich war im Voraus zu unerfahren, um mir ein Bild
über die Schwierigkeiten zu machen, denn trotz der noch anhaftenden Mängel hatte ich
den aufzubringenden Zeitaufwand sehr unterschätzt. [...] Es wäre mir peinlich, wenn das
Buch so in schlechtem Französisch erscheinen sollte. Ich hoffe, daß der Verleger genug
Einsicht hat, da sein eigener Vorteil darauf beruht. Meinerseits habe ich getan, was ich
konnte, und würde gerne noch die Mängel beseitigen, wenn ich es selbst vermöchte.«
(A. Kastler an K. Jaspers, 4. Juli 1927, ebd.) - Bei den beiden oben genannten Philosophie-
Studenten handelte es sich um den französischen Schriftsteller Paul Nizan (1905-1940)
 
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