724

Stellenkommentar

solchen Schrift zeitnah innerhalb der Universität zu positionieren, zumal ständige Dis-
kussionen mit Studierenden wie Professoren Jaspers die Notwendigkeit einer Publikation
über diese Thematik deutlich gemacht haben. Eine weitere, in der Tat persönliche Moti-
vation wäre eine Vorzugsstellung gegenüber dem damals noch recht unbekannten Mar-
tin Heidegger, mit dem er hierüber schon häufig debattierte, der sich aber bislang noch
nicht öffentlich darüber äußerte. Vgl. zu diesen beiden Optionen O. Immel: »Einleitung
des Herausgebers«, in: KJG I/21, XV-XVI. - Ein anderes, ebenfalls persönliches Anliegen
von Jaspers geht aus folgendem Brief an seinen Vater hervor: »Ich möchte eine kleine Bro-
schüre erscheinen lassen: Die Idee der Universität. Dazu bin ich durch viele Diskussionen
veranlasst, die mir zeigten, wie wenig klare Vorstellung auch Professoren haben von dem,
was sie eigentlich wollen und sind. Vor Kurzem erlebte ich es (ganz streng vertraulich), als
man Thyssen und dem Reg. Präsident der Pfalz den Dr. hon. causa verleihen wollte. Ich
habe es verhindert und mich dabei sehr unbeliebt gemacht. Heldentum dekoriert man
nicht mit dem Dr. Und so billige Gesten passen nicht zu Zeit [sic!]. Das ist der alte Stil,
nach dem alle Generale Ehrendoktoren wurden. - Dann ist die Frage akut, ob die künfti-
gen Volksschullehrer auf der Universität ausgebildet werden sollen, nachdem sie vorher
Abiturium gemacht haben. (Praktisch: Erweiterung der Zukunftschancen der viel zu vie-
len Abiturienten und Studenten). Pfarrer, Arzt, Volksschullehrer, Mittelschullehrer wür-
den dann auf gleichem Bildungsniveau rangieren. Aber die Frage ist, wie wir diese Aus-
bildung machen sollen, ohne die vorzügliche didaktische Tradition der Volksschule zu
zerstören. Ich bin an sich für die Sache, möchte aber immer die Idee unserer Universität als
die Hauptsache ansehen.« (K. Jaspers an K. Jaspers senior, n. März 1923, DLA, A: Jaspers).
693 Es geht um den Umschlag der dritten Auflage der Allgemeinen Psychopathologie.
694 Jaspers wird im folgenden Brief seine Einschätzung zu diesen vorgesehenen Mitherausge-
bern äußern. Vgl. K. Jaspers an F. Springer, 2. Juni 1923, in diesem Band, S. 309-310. Vgl.
dazu auch Stellenkommentare Nr. 697 u. 698.
695 Zu Grund- und Schlüsselzahl im Verlagswesen vgl. H. Sarkowski: Der Springer-Verlag, 237-
238.
696 Heinrich Mayer.
697 Richard Hönigswald (1875-1947), Prom. 1902 zum Dr. med. in Wien, dann zum Dr.phil.
mit der Dissertation Über die Lehre Hume's von der Realität der Außendinge. Eine erkenntnis-
theoretische Untersuchung (Berlin 1904), 1906 Habil, in Breslau mit Beiträgen zur Erkenntnis-
theorie und Methodenlehre (Leipzig 1906); seit 1916 ao.Prof., ab 1919 o.Prof. ebd., 1930 in
München. 1933 wurde er entlassen und 1938 im Konzentrationslager Dachau interniert.
1939 emigrierte er über die Schweiz in die USA. Werke (Auswahl): Die Philosophie des Al-
tertums. Problemgeschichtliche und systematische Untersuchungen (München 1917); Die Phi-
losophie von der Renaissance bis Kant (Berlin 1923); Über die Grundlagen der Pädagogik. Ein
Beitrag zur Frage des pädagogischen Universitäts-Unterrichts (München 1918); Die Grundlagen
der Denkpsychologie. Studien und Analysen (München 1921); Philosophie und Sprache. Pro-
blemkritik und System (Basel 1937); Grundfragen der Erkenntnistheorie. Kritisches und Systema-
tisches (Tübingen 1931). -
Bruno Bauch (1877-1942) promovierte 1901 bei Rickert mit der Arbeit Glückselig-
keit und Persönlichkeit in der kritischen Ethik (Stuttgart 1902); 1903 Habil, bei Vaihinger in
Halle (Luther und Kant, Berlin 1904), seit 1911 o.Prof. in Jena, 1903-1916 Mitherausgeber