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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 3. Abhandlung): Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen Kulturgüterschutz ; vorgetragen am 27. Oktober 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48163#0013
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Kunstwerk und Nation

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internationalen und eigenen Wertvorstellungen übereinstimmt.21 Auf-
fällig ist hier, daß einige Gesetze dazu übergehen, Gegenseitigkeitsklau-
seln aufzustellen. So sind nach Art. 31 Abs. 2 des portugiesischen Kul-
turgütergesetzes von 1985 auf portugiesischem Territorium abgeschlos-
sene Rechtsgeschäfte nichtig, wenn sie Kulturgüter betreffen, die aus
dem Ausland unter Verletzung der Bestimmungen des Herkunftslandes
eingeführt wurden.22 Diese Bestimmung steht allerdings unter dem Vor-
behalt der Gegenseitigkeit, d.h. sie greift nur dann ein, wenn in dem
Herkunftsland portugiesische Kunstwerke ebenso geschützt werden.
Die wichtigste Frage wird allerdings auch in diesem Gesetz nicht befrie-
digend beantwortet, wann nämlich ein portugiesisches Kunstwerk vor-
liegt, bzw. welchem ausländischen Land eingeführte Kunstwerke zuzu-
ordnen sind.
III. Die „Nationalität“ des Kunstwerks als Zweckbegriff -
Nation und Staat
Juristische Begriffe sind nun Zweckbegriffe. Sie erhalten ihren Inhalt
von den Zielsetzungen der jeweiligen Normen. Eine allgemeine Ver-
wendbarkeit wird nicht verlangt. Jedoch erscheint es im internationalen
Rechtsverkehr wünschenswert, daß die Auslegung nationaler Vor-
schriften international verträglich ist. Nur so lassen sich die nationalen
Regeln grenzüberschreitend durchsetzen. Hinzu kommen staatsvertrag-
liche Bestimmungen, deren Auslegung ohnehin autonom zu erfolgen
hat. Deshalb geht es letztlich doch um eine Begriffsbestimmung, die das
einzelne Gesetz transzendiert. Ferner fließen in die Auslegung Gedan-
ken ein, die aus den Traditionen des Kulturgüterschutzes stammen, wie
er sich an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert herausgebildet hat.23
21 Vgl. Carter, Transnational Recognition and Enforcement of Foreign Public Laws, in:
The Cambridge Law Journal [1989], 417ff., 428-429.
22 Gesetz Nr. 13/85 v. 6. 7. 1985 über das „Patrimönio Cultural Portugues“, Diärio da
Repüblica 1985 (6. 7. 1985), 1865ff. (Nr. 153).
23 Zur Bedeutung der Tradition für die Auslegung von Gesetzen vgl. Engisch, Einfüh-
rung in das juristische Denken, 4. Aufl. 1956, S. 81; Tarello, L’interpretazione della
legge, 1980, S. 367-369; vgl. auch Eskridge, Gadamer/Statutory Interpretation, in: Co-
lumbia Law Review 90 (1990), 609ff., 623, 648.
In den traditionellen Methodenlehren wird der Rechtsvergleichung zu wenig Raum
gewährt. Die heutigen Gesetze - zumal, wenn sie grenzüberschreitende Sachverhalte
wie den internationalen Kulturgüterschutz betreffen - beruhen meist auf rechtsverglei-
chenden Vorstudien und übernehmen nicht selten ausländische Modelle. Rezeption
 
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