2. DAS BEDENCKEN VONN KERCHENNGUTERENN
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gen] vätter1 erkennen vnnd allein die offentlichen2 widerchristen verneinen, der
Oberkeit, die das schwert tregt, vnderthon sein sollen, vnder deren schutz vnd
schirm sie wohnet, deren schwert sie geniesset, die jr am besten zusehen vnnd hel-
ffen kan als die nähere, Roman. 13[1], Tit. 3[i], ki. Pet. 2[i3]^.
So solle auch yede Oberkeit des orts, da sie das schwerdt tregt, yederman zu recht
helffen, vnnd darumb der Christlichen gemein vor allen andern, dan die selbige jr
recht zum basten brauchet, Derhalben sie auch by allen völckern, vor allen anderen
menschen vnnd gemeinden gefreyhet ist. Es eruordert auch das göttlich recht, das
die Obern, was zur Religion gehört, zum ersten vnnd besten versehen. Weil dan die
Christlich gemein jn allen rechten zum höchisten gefreyhet ist, mage wider die1
kirch niemandt einiger3 gewalt, freyheit oder gebrauch schützen oder fürtragen.
Darumb, so solle ein yede Oberkeit, die Merum et mixtum imperium4 hatt, by
den jren verschaffen, das die Christlich gemein jre ordenlichen vnnd recht taugliche
diener habe, auch jr eigen gütt vnnd Gott ergebne habe, Dasselbig von meniglich
vnuerletzt vnnd vnuerhindert zufürderung der Religion zu gebrauchen, mvnnd vor
allem Jren nottwendigsten dienern des worts jre notturfftige vnderhaltung zu lei-
sten™, wir wöllen der zwiffachen Echer5 vnnd versehung geschweigen, die der hei-
lig geist durch den Apostel eruorderet, 1. Timoth. 5 [17], damit solliche jrem ampt
desto stattlicher vor sein möchten. I i8r / 129 I
Dis ist das gottlich recht, also hats Gott by seinem alten volck geordnet: Die Rich-
ter vnnd künig sind uber die priester, Leuiten vnnd alles gewesen; die habent ver-
schaffet, das yederman am kirchen- vnd anderm gütt, das sein wurde. Also hats der
Herre auch Jn seinem Nuwen volck verordnet, da er dem gleubige Fursten geben,
k) —k) fehlt in a.
l) vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen: b.
m) —m) von anderer Hand mit roter Tinte unterstrichen: b.
1. Bucer denkt hier vor allem an Johannes Chrysostomus, Homilia 23 m Epistolam ad Romanos
(PG 60, Sp.615); hierzu vgl. die Ausführungen m Bucers Römerbriefkommentar, Ausgabe Straß-
burg 1536 (Bucer-Bibliographie 76), Bl.479a = Ausgabe Basel 1562 (Bucer-Bibliographie 223),
S. 559; vgl. auch BDS 9,1, S.49,22-50,3 und 204,1b; BOL 15, S. 131; de Kroon, Studien zu Martin
Bucers Obngkeitsverständnis, S. 83 f.
2. offenkundigen.
3. irgendeiner.
4. Diese Begriffe entnimmt Bucer Ulpian, Dig. 2,1,3 (GlCiv I, S. 46): »merum est lmperium ha-
bere gladii potestatem ad animadvertendum facinorosos homines, quod etiam potestas appellatur
[sc. Strafrechtspflege]. mixtum est lmperium, cui etiam iurisdictio mest, quod in danda bonorum
possessione consistit [sc. Zivilrechtspflege]«. Ab dem 12. Jahrhundert wurde die volle Gerichtsge-
walt >merum et mixtum imperium< genannt. Bucer selber übersetzt >merum imperium< als »obrest
vnd vollmacbtig gewalt« m seinem Werk >Dialogi oder Gesprech< von 1535 (vgl. BDS 6,2, S. 79,26—
30), und behandelt den Begriff wieder in seinem Römerbriefkommentar von 1536, Bl.489b. Zur In-
terpretation dieses Begriffes sowie zur möglichen Beeinflussung Bucers durch den itabeniscben Ju-
risten Andreas Alciatus (1492-15 50) vgl. Backus, Bucer’s View, S.91-95; de Kroon, Studien zu Mar-
tin Bucers Obrigkeitsverständnis, S. 3b, 27, 88—97 und 144—159; Gäumann, Reich Cbristi, S. 158 —
160 sowie Strohm, Widerstand, S. 754,8—14; vgl. auch Hoke^ Imperium merum et mixtum.
5. Ebre.
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gen] vätter1 erkennen vnnd allein die offentlichen2 widerchristen verneinen, der
Oberkeit, die das schwert tregt, vnderthon sein sollen, vnder deren schutz vnd
schirm sie wohnet, deren schwert sie geniesset, die jr am besten zusehen vnnd hel-
ffen kan als die nähere, Roman. 13[1], Tit. 3[i], ki. Pet. 2[i3]^.
So solle auch yede Oberkeit des orts, da sie das schwerdt tregt, yederman zu recht
helffen, vnnd darumb der Christlichen gemein vor allen andern, dan die selbige jr
recht zum basten brauchet, Derhalben sie auch by allen völckern, vor allen anderen
menschen vnnd gemeinden gefreyhet ist. Es eruordert auch das göttlich recht, das
die Obern, was zur Religion gehört, zum ersten vnnd besten versehen. Weil dan die
Christlich gemein jn allen rechten zum höchisten gefreyhet ist, mage wider die1
kirch niemandt einiger3 gewalt, freyheit oder gebrauch schützen oder fürtragen.
Darumb, so solle ein yede Oberkeit, die Merum et mixtum imperium4 hatt, by
den jren verschaffen, das die Christlich gemein jre ordenlichen vnnd recht taugliche
diener habe, auch jr eigen gütt vnnd Gott ergebne habe, Dasselbig von meniglich
vnuerletzt vnnd vnuerhindert zufürderung der Religion zu gebrauchen, mvnnd vor
allem Jren nottwendigsten dienern des worts jre notturfftige vnderhaltung zu lei-
sten™, wir wöllen der zwiffachen Echer5 vnnd versehung geschweigen, die der hei-
lig geist durch den Apostel eruorderet, 1. Timoth. 5 [17], damit solliche jrem ampt
desto stattlicher vor sein möchten. I i8r / 129 I
Dis ist das gottlich recht, also hats Gott by seinem alten volck geordnet: Die Rich-
ter vnnd künig sind uber die priester, Leuiten vnnd alles gewesen; die habent ver-
schaffet, das yederman am kirchen- vnd anderm gütt, das sein wurde. Also hats der
Herre auch Jn seinem Nuwen volck verordnet, da er dem gleubige Fursten geben,
k) —k) fehlt in a.
l) vor den linken Rand geschrieben und eingewiesen: b.
m) —m) von anderer Hand mit roter Tinte unterstrichen: b.
1. Bucer denkt hier vor allem an Johannes Chrysostomus, Homilia 23 m Epistolam ad Romanos
(PG 60, Sp.615); hierzu vgl. die Ausführungen m Bucers Römerbriefkommentar, Ausgabe Straß-
burg 1536 (Bucer-Bibliographie 76), Bl.479a = Ausgabe Basel 1562 (Bucer-Bibliographie 223),
S. 559; vgl. auch BDS 9,1, S.49,22-50,3 und 204,1b; BOL 15, S. 131; de Kroon, Studien zu Martin
Bucers Obngkeitsverständnis, S. 83 f.
2. offenkundigen.
3. irgendeiner.
4. Diese Begriffe entnimmt Bucer Ulpian, Dig. 2,1,3 (GlCiv I, S. 46): »merum est lmperium ha-
bere gladii potestatem ad animadvertendum facinorosos homines, quod etiam potestas appellatur
[sc. Strafrechtspflege]. mixtum est lmperium, cui etiam iurisdictio mest, quod in danda bonorum
possessione consistit [sc. Zivilrechtspflege]«. Ab dem 12. Jahrhundert wurde die volle Gerichtsge-
walt >merum et mixtum imperium< genannt. Bucer selber übersetzt >merum imperium< als »obrest
vnd vollmacbtig gewalt« m seinem Werk >Dialogi oder Gesprech< von 1535 (vgl. BDS 6,2, S. 79,26—
30), und behandelt den Begriff wieder in seinem Römerbriefkommentar von 1536, Bl.489b. Zur In-
terpretation dieses Begriffes sowie zur möglichen Beeinflussung Bucers durch den itabeniscben Ju-
risten Andreas Alciatus (1492-15 50) vgl. Backus, Bucer’s View, S.91-95; de Kroon, Studien zu Mar-
tin Bucers Obrigkeitsverständnis, S. 3b, 27, 88—97 und 144—159; Gäumann, Reich Cbristi, S. 158 —
160 sowie Strohm, Widerstand, S. 754,8—14; vgl. auch Hoke^ Imperium merum et mixtum.
5. Ebre.