Text
I 20ir I Strasburgisch bedencken in der Relligion sachenn, durch jre gelerte theolo-
genn zusammen getragenn vnnd vfm tag zu Eissennach vbergebenn 1538
I 202^ I Das bedenckenn vber den sechstenn Artickell
Der Isennachischen versamlung
Dieser sechste Artickell1 Jst denn kirchen jnn Stedten vnd zwar2 allen kirchen zu
nahe gestellet3, dann kein Stieft noch Closter so hoh ist, das nit von gotlichen vnd
keiserlichen rechten vnnd der alten Canonum denen oberkeiten an den orthen, da
sie liegen, zugewandt vnnd beuohlenn vnnd die personen jnen vnderthan sein sol-
lenn. Hierwidder so ist kein Stieft noch Closter so nider, will man die letzsten Bepst-
lichen hetza4 vnd gewaltsam5 gelten lassen, das einigem6 fürsten, jha auch dem
Keiser selb vndeiworffen were, Sonder sindt alle one mittel7 vnder dem Babst.
Was dann auch alle gemeine obern vber einige Closter oder Stieft gewalts oder
oberkeit bißheer gehabt, jst weithers gewesenn, dann das sie als jre patronen auf sie
gesehenn vnnd sie geschutzt habenn vnnd dagegen etwas dinstparkeit von jnnen ge-
brauchet. Jha, kein rechte oberkeit hat einige8 Stieft oder Closter vber sich einigen
fursten oder herren hieuor, solang das jtzige Bebstliche Regiment gewehret, je ge-
standenn9, Sonder sie allein als jre pathronen vnnd schirmherren erkennet.
Wollenn wir aber nach wahrer Reformation trachten, als wir sollen, so wurt von
notten sein, das wir dahin trachtenn, das erstlich bei allen I 202v I Kirchenn das got-
lich recht widder gelte, das alle Seelen10, wer vnnd wo die sindt, denen oberkeiten,
die das schwert an den orten tragen, do sie wachen, vnderthan seien11, wie dis doch
a) schwer lesbar; auch möglich: »ließ«, »heß«.
1. Die Artikelreihe, aus der Bucer den genannten »sechsten Artikel« entnommen hat, konnte
mcht ausfindig gemacht werden; Lenz I, S. 48, Anm. 1 spricht allgemein von den in Eisenach »aufge-
stellten Vergleichsvorschlägen«; Winckelmann, Pol. Cor. II, S. 509, Anm. 3 meint dagegen, daß es
sich um Artikel handeln muß, die einige Monate zuvor in Braunschweig vorgebracht worden wa-
ren. Entsprechende Artikel sind aber unter den bei Hortleder, Von den Ursachen des Teutschen
Kriegs (1617), S. 1269—1289 wiedergegebenen, aus diesem Zeitraum stammenden Gutachten und
Dokumenten nicht zu finden.
2. fürwahr.
3. sc. tntt lhnen zu nahe, ist ihnen nachteihg.
4. Hetze; vgl. jedoch auch die textkritische Anmerkung zu dieser Stelle.
5. Recht, Macht, Vollmacht.
6. einem einzigen.
7. unmittelbar.
8. irgendein.
9. Satzsinn: Kein Stift oder Kloster hat, solange der Papst herrscht, lrgendeinem welthchen
Herrn eine Oberhoheit über sich zugestanden.
10. sc. »omms anima« (Röm 13,1 in der Vg.); vgl. unten S.405,29 und 407,11 sowie BOL 15,
S. 131; vgl. auch Seebaß, Martin Bucers Beitrag, S. i68f.
11. Röm 13,1.
I 20ir I Strasburgisch bedencken in der Relligion sachenn, durch jre gelerte theolo-
genn zusammen getragenn vnnd vfm tag zu Eissennach vbergebenn 1538
I 202^ I Das bedenckenn vber den sechstenn Artickell
Der Isennachischen versamlung
Dieser sechste Artickell1 Jst denn kirchen jnn Stedten vnd zwar2 allen kirchen zu
nahe gestellet3, dann kein Stieft noch Closter so hoh ist, das nit von gotlichen vnd
keiserlichen rechten vnnd der alten Canonum denen oberkeiten an den orthen, da
sie liegen, zugewandt vnnd beuohlenn vnnd die personen jnen vnderthan sein sol-
lenn. Hierwidder so ist kein Stieft noch Closter so nider, will man die letzsten Bepst-
lichen hetza4 vnd gewaltsam5 gelten lassen, das einigem6 fürsten, jha auch dem
Keiser selb vndeiworffen were, Sonder sindt alle one mittel7 vnder dem Babst.
Was dann auch alle gemeine obern vber einige Closter oder Stieft gewalts oder
oberkeit bißheer gehabt, jst weithers gewesenn, dann das sie als jre patronen auf sie
gesehenn vnnd sie geschutzt habenn vnnd dagegen etwas dinstparkeit von jnnen ge-
brauchet. Jha, kein rechte oberkeit hat einige8 Stieft oder Closter vber sich einigen
fursten oder herren hieuor, solang das jtzige Bebstliche Regiment gewehret, je ge-
standenn9, Sonder sie allein als jre pathronen vnnd schirmherren erkennet.
Wollenn wir aber nach wahrer Reformation trachten, als wir sollen, so wurt von
notten sein, das wir dahin trachtenn, das erstlich bei allen I 202v I Kirchenn das got-
lich recht widder gelte, das alle Seelen10, wer vnnd wo die sindt, denen oberkeiten,
die das schwert an den orten tragen, do sie wachen, vnderthan seien11, wie dis doch
a) schwer lesbar; auch möglich: »ließ«, »heß«.
1. Die Artikelreihe, aus der Bucer den genannten »sechsten Artikel« entnommen hat, konnte
mcht ausfindig gemacht werden; Lenz I, S. 48, Anm. 1 spricht allgemein von den in Eisenach »aufge-
stellten Vergleichsvorschlägen«; Winckelmann, Pol. Cor. II, S. 509, Anm. 3 meint dagegen, daß es
sich um Artikel handeln muß, die einige Monate zuvor in Braunschweig vorgebracht worden wa-
ren. Entsprechende Artikel sind aber unter den bei Hortleder, Von den Ursachen des Teutschen
Kriegs (1617), S. 1269—1289 wiedergegebenen, aus diesem Zeitraum stammenden Gutachten und
Dokumenten nicht zu finden.
2. fürwahr.
3. sc. tntt lhnen zu nahe, ist ihnen nachteihg.
4. Hetze; vgl. jedoch auch die textkritische Anmerkung zu dieser Stelle.
5. Recht, Macht, Vollmacht.
6. einem einzigen.
7. unmittelbar.
8. irgendein.
9. Satzsinn: Kein Stift oder Kloster hat, solange der Papst herrscht, lrgendeinem welthchen
Herrn eine Oberhoheit über sich zugestanden.
10. sc. »omms anima« (Röm 13,1 in der Vg.); vgl. unten S.405,29 und 407,11 sowie BOL 15,
S. 131; vgl. auch Seebaß, Martin Bucers Beitrag, S. i68f.
11. Röm 13,1.