Text
\j29r\ Bedencken domini Martini Buceri belangende die Reformacion der Kirchen3
I jjor I Got hat vnns erweckt vnnd berufft, ihm zu dienen zur reformacion seiner
kirchen, das ist dartzu, das seine kirche wieder in irer rechten form vnnd gestalt
s pracht werden, hoc est reformentur. Derhalben ist ia von nothen, das wir vnns soli-
cher formen vnnd gestalt vor allem wol vorgleichen1 vnnd entschliessen, dann kein
bawmeister an besserung eins hawses nutzlich arbeiten muge, er habe dann zuuor
ihm wol entworffen vnnd vorgebildet die form vnnd gestalt, so das hawß haben
sol.
io Nhu werden wir auch schwerlich beschuldigt, das wir mit der kirchen reforma-
cion sundere zurstorunge suchen, das ist, wie wir christlicher kirchen zuchtloß vnnd
durch kirchen guther reich vnnd mechtig werden2, vnnd als leider viel vom volck
aller kirchen zucht fliehen vnnd hassen, vnnd vnsere wiederwertigen das Exempel
Engellandt3, Dennemarck4 vnnd etzlicher andern furstenthumben5 an den kir-
15 chen guthern vffmutzen6, werden auch viel 1 33°'1 der guthhertzigen gegen vnns
gar abscheuig vnnd forchtsam gemacht, dann sie vnns alle in dem argkwon haben,
als gedechten wir, alle guthe kirchen ordenungen vnnd zucht allenthalben zu zursto-
ren vnnd die guther aller kirchen zu vnns alleine zureissen.
a) darunter von anderer Hand: No[ta] wor to de geistligen gudere
sin: a.
Cristligen to gebrukende
1. sc. vergleichen.
2. Die schärfste Kntik am evangelischen Umgang mit beschlagnahmtem altgläubigen Kirchen-
gut äußerte der kaiserliche Vizekanzler Matthias Held während des Bundestages in Schmalkalden
im Februar 1537 (ausführlich hierzu vgl. Körber, Kirchengüterfrage, S. 113-115).
3. Zu den wichtigsten Ereignissen der von König Heinrich VIII. von England (reg. 1509—1547)
schrittweise eingeführten Reformation gehört die gesetzlich angeordnete Auflösung der kleinen
Klöster 1536 sowie die Ubernahme der resthchen Ordenshäuser 1539 (vgl. Scarisbrick, Reforma-
tion, S.68—82 und 85—88; Collinson, England, S.637,47—638,2); m seinem Spätwerk >De regno
Christi< nahm Bucer zum verschwenderischen Umgang der enghschen Krone mit konfisziertem
Kirchengut kritisch Stellung (vgl. BOL 15, S. 135 mit Anm. 12 und S. 137 mit Anm. 18 und 20).
4. Kömg Christian III. von Dänemark (reg. 15 34—1559) ließ durch den Herrentagsrezeß vom 30.
Oktober 1536 das gesamte Bischofsgut zugunsten der Krone konfiszieren; hiermit erfuhr das kö-
nighche Gut eine Verdreifachung (Schwarz Lausten, Weltliche Obrigkeit, S. 101; vgl. auch ders.,
Church History of Denmark, S. 109f.; ders., Dänemark, S. 305).
5. Besonders der evangelische Herzog Ulrich von Württemberg (reg. 1498—1520 und 1534—
15 50) genet wegen seines selbstherrlichen Umgangs mit dem Kirchengut, das er nach 1534 gänzlich
unter die staatliche Finanzverwaltung stellte, m die Kritik; zur Vorgehensweise evangelischer Lan-
desfürsten m der Ubernahme ehemals altgläubiger Kirchengüter vgl. Körber, Kirchengüterfrage,
S. 154-164 und Ocker, Church Robbers, S. 74-102.
6. aufbauschen, aus polemischen Gründen hervorheben, negativ übertreiben.
\j29r\ Bedencken domini Martini Buceri belangende die Reformacion der Kirchen3
I jjor I Got hat vnns erweckt vnnd berufft, ihm zu dienen zur reformacion seiner
kirchen, das ist dartzu, das seine kirche wieder in irer rechten form vnnd gestalt
s pracht werden, hoc est reformentur. Derhalben ist ia von nothen, das wir vnns soli-
cher formen vnnd gestalt vor allem wol vorgleichen1 vnnd entschliessen, dann kein
bawmeister an besserung eins hawses nutzlich arbeiten muge, er habe dann zuuor
ihm wol entworffen vnnd vorgebildet die form vnnd gestalt, so das hawß haben
sol.
io Nhu werden wir auch schwerlich beschuldigt, das wir mit der kirchen reforma-
cion sundere zurstorunge suchen, das ist, wie wir christlicher kirchen zuchtloß vnnd
durch kirchen guther reich vnnd mechtig werden2, vnnd als leider viel vom volck
aller kirchen zucht fliehen vnnd hassen, vnnd vnsere wiederwertigen das Exempel
Engellandt3, Dennemarck4 vnnd etzlicher andern furstenthumben5 an den kir-
15 chen guthern vffmutzen6, werden auch viel 1 33°'1 der guthhertzigen gegen vnns
gar abscheuig vnnd forchtsam gemacht, dann sie vnns alle in dem argkwon haben,
als gedechten wir, alle guthe kirchen ordenungen vnnd zucht allenthalben zu zursto-
ren vnnd die guther aller kirchen zu vnns alleine zureissen.
a) darunter von anderer Hand: No[ta] wor to de geistligen gudere
sin: a.
Cristligen to gebrukende
1. sc. vergleichen.
2. Die schärfste Kntik am evangelischen Umgang mit beschlagnahmtem altgläubigen Kirchen-
gut äußerte der kaiserliche Vizekanzler Matthias Held während des Bundestages in Schmalkalden
im Februar 1537 (ausführlich hierzu vgl. Körber, Kirchengüterfrage, S. 113-115).
3. Zu den wichtigsten Ereignissen der von König Heinrich VIII. von England (reg. 1509—1547)
schrittweise eingeführten Reformation gehört die gesetzlich angeordnete Auflösung der kleinen
Klöster 1536 sowie die Ubernahme der resthchen Ordenshäuser 1539 (vgl. Scarisbrick, Reforma-
tion, S.68—82 und 85—88; Collinson, England, S.637,47—638,2); m seinem Spätwerk >De regno
Christi< nahm Bucer zum verschwenderischen Umgang der enghschen Krone mit konfisziertem
Kirchengut kritisch Stellung (vgl. BOL 15, S. 135 mit Anm. 12 und S. 137 mit Anm. 18 und 20).
4. Kömg Christian III. von Dänemark (reg. 15 34—1559) ließ durch den Herrentagsrezeß vom 30.
Oktober 1536 das gesamte Bischofsgut zugunsten der Krone konfiszieren; hiermit erfuhr das kö-
nighche Gut eine Verdreifachung (Schwarz Lausten, Weltliche Obrigkeit, S. 101; vgl. auch ders.,
Church History of Denmark, S. 109f.; ders., Dänemark, S. 305).
5. Besonders der evangelische Herzog Ulrich von Württemberg (reg. 1498—1520 und 1534—
15 50) genet wegen seines selbstherrlichen Umgangs mit dem Kirchengut, das er nach 1534 gänzlich
unter die staatliche Finanzverwaltung stellte, m die Kritik; zur Vorgehensweise evangelischer Lan-
desfürsten m der Ubernahme ehemals altgläubiger Kirchengüter vgl. Körber, Kirchengüterfrage,
S. 154-164 und Ocker, Church Robbers, S. 74-102.
6. aufbauschen, aus polemischen Gründen hervorheben, negativ übertreiben.