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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 12): Schriften zu Kirchengütern und zum Basler Universitätsstreit (1538 - 1545) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30233#0226
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7. GUTACHTEN ZUR GESTALT DER KIRCHE

liche nur einen tag, etliche zwen, etliche mehr, etliche viertzig, etliche nur viertzig
stunden jre fasten gehalten haben1. Aber solche ongleicheit der fasten haben die lie-
ben heiligen des glaubens einigkeit nicht lassen zerreissen. Vnd in Ecclesiastica tri-
p[ar]t[ita] historia1 haben wir, das es die alten auch der speisen halben vff die fastage
nicht gleich gehalten haben, vnd das etlich bis zu der neunden stunden des tags gefa-
stet vnd darnach one vnderscheid die speis genommen haben2.
Hie würt auch dises gemeldet, das Christus vnd die Apostolen allein den waren
glauben vnd ein rechtschaffen leben vnd nichs von solchen übungen geleret noch ge-
potten, sonder dis alles I jov / I frei gelassen haben, damit inn disen übungen
»niemand aus forcht oder not, sonder aus freiem willen thete, das3 güt were«4. Al-
sou derv anderen kirchenbreuchen halberw, als xda ist derv prauch des h[eiligen]
Nachtmals, des tauffs, der buß, des gesangs, des gebets, vnd allerlei übungen der reli-
gion, haben wir auch ann disem ort5, das es die kirchen bei der gleichformigkeit des
glaubens vnd einigkeit christlicher liebe ongleich gehalten haben.
Vnd dise freiheit solcher eusseren übungen6 solle also den kirchen vergünnet wer-
den, vermöge des götlichen rechtens, Dann das reich Christi ist gerechtigkeit, frid
vnd freud imm heiligen geisty vnd kein speis, tranck oder etwas eusserlichs7.
Vnd derhalben solle niemand die Christen der speis, zeiten, festen vnd deren din-
gen halben verstricken8 9 oder richten9z. Dis verpeutet der h[eilige] geist der Mosai-
schen ceremonien halben, die doch Got selb geordnet hatte, wiefil mer solle dan
solichs gelten in denen gepreuchen, welche die menschen, vnd nit got, geordnet ha-
ben?
Dann, wie beweret10, sind alle solche kirchen übungen nit von Christo noch den

t) davor am linken Rand: In [davor gestr.: Eusebius] Eccl. historia, Libro IX, cap. XXXVIII.
u) danach gestr.: von.
v) korr. aus: den.
w) von Bucer über der Zeile nachgetragen und eingewiesen.
x) —x) von Bucer über der Zeile nachgetragen und eingewiesen für gestr.: vom.
y) davor am linken Rand: Roma. 14.
z) davor am linken Rand: Coloss. 2.

1. Irenäus, Fragmenta deperditorum operum 3,21—24; PG 7, Sp. 1228 f.; vgl. auch Eusebius-Rufi-
nus, Historia ecclesiastica 5,24; GCS 9,2, S.490,7—497,26.
2. Historia ecclesiastica tripartita 9,38,20h; CSEL 71, S. 561,105-562,113. Zur Hochschätzung
der >Historia ecclesiastica tripartita< durch Bucer vgl. Backus, Zwingli, Bucer and the Church Fa-
thers, S.655.
3. was.
4. Historia ecclesiastica tripartita 9,38,21; CSEL 71, S. 562,114-116.
5. Vgl. Historia ecclesiastica tripartita 9,38 passim; CSEL 71, S. 557-564 (vgl. v.a. S. 558,20-26
und 562,117-564,165).
6. Vgl. oben S. 221, Anm. 2.
7. Röm 14,17.
8. verpfhchten, binden.
9. Vgl. Kol 2,4.8.16
10. bewiesen.
 
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