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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 12): Schriften zu Kirchengütern und zum Basler Universitätsstreit (1538 - 1545) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30233#0500
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IO. GUTACHTEN FUR DEN HAMBURGER RAT

496
führung der Reformation in Hamburg hatte für das bisher mächtige Domkapitel1
den Verlust seines Vermögens, seiner Abgaben und seiner Stiftspfründen bedeutet,
die der Rat unter Beanspruchung seiner landesherrlichen Kirchenhoheit einzog und
nunmehr für evangelische Zwecke verwendete. Der spezielle Anlaß des Hamburger
Anschreibens an Bucer bestand jedoch in der Tatsache, daß es dem im Streit bisher
unterlegenen Domkapitel im Sommer 1544 unerwartet gelungen war, den evange-
lisch gesinnten König von Dänemark, Christian III.2, vorübergehend für sich zu
gewinnen. Um die Anwartschaft seines jüngeren Bruders Friedrich (1532-15 56) auf
das Bremer Erzbischofsamt zu fördern3, beschloß Christian nämlich, sich hinter
die Forderungen des Domkapitels zu stellen4. Alarmiert wandten sich die Ham-
burger Ratsherren an den Straßburger Reformator mit der Bitte um eine Stellung-
nahme zu ihrer rechtlichen Lage, die sie in Form von neun grundlegenden Fragen
zusammenfaßten.5
Am 29. Mai 1545 schrieb Bucer an den Straßburger Stettmeister Jakob Sturm, daß
seine Antwort an den Hamburger Rat kurz vor der Fertigstellung stehe.6
Bucers >Consilium< weist einige inhaltlichen Gemeinsamkeiten mit dem Gutachten
zum ius reformandi der Reichsstädte7 auf. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen
steht die Sorge um das seelische Heil der Stadtgemeinde, der Bucer den Charakter
einer »civitas Dei« und einer »respublica regni caelorum«8 zuschreibt. Das Werk
läßt sich folgendermaßen gliedern9:
I. Darlegung der rechtlichen Grundlagen des Gutachtens (ius ecclesiae): I Kor
3,21-23; II Kor 10,8; Eph 4,10-12 [ 171v]

1. Das Domkapitel war »die mit dem Rate konkurrierende Herrin der Stadt« (Schubert, Beteili-
gung, S. 3); zu seinem Konflikt mit dem Rat vgl. auch Postel, Obrigkeitsdenken.
2. Zu Christian III. vgl. oben S. 15 5, Anm. 4 und Scbwarz Lausten, Church History of Denmark,
S. 106—120. Da Hamburg dem Herzog von Holstein unterstand und Dänemark und Schleswig-
Holstein seit 1460 durch Personalumon verbunden waren, war Chnstian III. formell der Landes-
herr von Hamburg (vgl. hierzu Lohse, Hamburg, S.406 und Postel, Obngkeitsdenken, S. 182L).
Zum vertrauensvollen Verhältnis zwischen Kömg und Hansestadt sowie zur tatkräftigen Unter-
stützung der Reformation in Hamburg durch Chnstian III. vgl. Reincke, Hamburgs Aufstieg,
S. 26 f.
3. Hierfür benötigte er die drei Wahlstimmen des Hamburger Domkapitels (vgl. Schuhert, Betei-
ligung, S. 10).
4. Der Erzbischof von Bremen war der Oberherr des Hamburger Domkapitels; zum engen
kirchlichen Verhältms zwischen Bremen und Hamburg vgl. unten S. 518, Anm.9.
5. Vgl. unten S. 507, Anm. 1 und Schuhert, Beteihgung, S. 12; die neun Fragen werden unten unter
Punkt III. zusammengefaßt (S.497—500) und m den Sachanmerkungen vollständig wiedergegeben:
S. 507, Anm. 4; S. 511, Anm. 1; S. 518, Anm. 1; S. 520, Anm. 1; S. 528, Anm.2 und 9; S. 529, Anm.7;
S. 530, Anm. 1 und 9.
6. »Hamburg[ensibus] perfeci, quod ego potui; descriptum nunc nondum plene est; cras puto
erit« (Pol. Cor. III, S.600; vgl. auch Schuhert, Beteihgung, S. 14, der daraus schheßt, daß die Ham-
burger Anfrage 1m März oder Apnl 1545 in Straßburg einging).
7. Vgl. oben Nr. 6, S. 186-213.
8. Vgl. unten S. 537,21 f.
9. Vgl. auch die Zusammenfassung des Inhalts in Schuhert, Beteihgung, S. 14 f. und Pollet III,
S.245-247.
 
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