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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 12): Schriften zu Kirchengütern und zum Basler Universitätsstreit (1538 - 1545) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30233#0547
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EINFÜHRUNG IN DEN BASLER UNIVERSITÄTSSTREIT
keit mangelndes Engagement in kirchlichen Angelegenheiten vor1, während der
Rat die nach seinem Empfinden selbstherrliche Vorgehensweise der Geistlichkeit
immer wieder kritisierte. Darüber hinaus sorgte die Ankunft des Reformators
Andreas Karlstadt2 in Basel im Juni 1534, der eine Pfarrstelle an St. Peter und eine
Professur für Altes Testament an der Universität übernahm, für Spannungen inner-
halb der Basler Geistlichkeit, besonders zwischen ihm und dem Münsterprediger
Oswald Myconius3. Der Antistes der Basler Kirche - ein Schulmeister, der sich
autodidaktisch zum Theologen hinaufgearbeitet hatte - witterte wohl in dem akade-
misch selbstbewußten Flüchtling aus Sachsen, der zuletzt auf Empfehlung Bullin-
gers von Zürich nach Basel übergesiedelt war, einen Rivalen.4 So waren es sehr un-
terschiedliche Umstände, die zum Ausbruch des Konflikts beitrugen.
Ein Vorspiel hatte der Universitätsstreit bereits im Januar 1535, als Karlstadt
sich - letztlich erfolglos - dafür einsetzte, daß alle an der Universität Lehrenden5
den Doktortitel erwerben sollten.6 Bereits zu diesem Zeitpunkt sind Bucer und
Capito um Stellungnahmen gebeten worden und haben erste Vermittlungsversuche
unternommen.7
In aller Schärfe brach der Universitätsstreit aber erst nach dem 28. Juli 1538 aus.
An diesem Tag trug der Rektor der Universität, der Medizinprofessor Hieronymus
Artulf8, dem Rat den Wunsch nach Änderungen in den Universitätsstatuten vor.
Auf die Bitte des Rates hin, diesen Wunsch in Form eines schriftlichen Antrags zu
formulieren, nahm ein Universitätsausschuß unter dem Vorsitz Artulfs sich der An-
gelegenheit an. Zu ihm gehörten der bereits genannte Andreas Karlstadt sowie Bo-
nifacius Amerbach, ehemaliger Rektor und seit 1525 Professor für römisches
Recht9, Wolfgang Wissenburg, seit 1520 Dozent für Mathematik, Niklaus Brie-
1. Diese Erwartung der evangelischen Geistlichkeit gegenüber dem Rat kommt 1m Basler Be-
kenntms vom 21. Januar 1534 deuthch zum Ausdruck; vgl. das Zitat in Strohrn, Eigenart und Ak-
tualität der Basler Reformation, S.215; vgl. auch Burckhardt-Biedermann, Die Erneuerung der
Universität zu Basel, S.452f.
2. Zu ihm vgl. unten S. 5 57, Anm.6.
3. Geb. 1488, gest. 1552, seit August 1532 Antistes der Basler Kirche; zu ihm vgl. HBBW I,
S. 226, Anm. 15; Riggenhach/Egli, Mykonius; Gauss, Basilea, S. 116; Basilea reformata 2002, S. 250.
4. Freilich war ihre Beziehung anfangs ungetrübt; vgl. etwa HBBWIV, S. 254,2 und Vischer, Die
Lehrstühle, S. 11.
5. Mycomus und Grynaeus waren Professoren für Neues Testament, führten aber keinen akade-
mischen Grad; vgl. Vischer, Die Lehrstühle, S. 13L und 17.
6. Vgl. van ’t Spijker, Bucer en de twist, S. 52;Vischer, Die Lehrstühle, S. 18 f.; Steinmann, Opori-
nus, S. 16; HBBW V, Nr. 507, 521 und 538.
7. Zu Bucer vgl. Rott, Liste alphabetique, S.64. Zu Capito vgl. Millet, Nr. 547L und Kittelson,
Wolfgang Capito, S. 215 f. Die Klärung der Frage, ob Capitos Gutachten >Vndernchtung von wegen
des doctorats< (vgl. oben S. 541, Anm. 1) sich auf diesen Zwischenfall bezieht oder erst Ende 1538
verfaßt wurde, bleibt ein Forschungsdesiderat. Sein >bedencken der schulen vnd kilchen halb< trägt
m der eigenhändigen Fassung Capitos (Erziehungsakten X,i.4, Nr.4/5) kein Datum, dagegen m ei-
ner unvollendeten Abschrift unsicheren Datums (Erziehungsakten X,i.4, Nr.3/4) die Jahreszahl
UM-
8. Seit 1509/10 an der Universität Basel, gest. 1541; zu ihm vgl. HBBW III, S. 157, Anm. 14.
9. Vgl. Bucers Bnef an lhn vom 26. Oktober 1540 (Amerbachkorrespondenz V, Nr. 2414,
S- 3°3 f-)-
 
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