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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Haaf, Susanne [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 15): Schriften zur Reichsreligionspolitik der Jahre 1545/1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30652#0025
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I. GUTACHTEN ZUR REKUSATION DES TRIENTER KONZILS

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gefahr verkehren würden (fol. 66r-6yr). 4. Auf dem Nürnberger Reichstag 1522/23
wurde beschlossen, ein freies nationales Konzil zu veranstalten, das bestimmten
Vorgaben zu folgen habe, und der Nürnberger Anstand von 1532 sicherte den allge-
meinen Frieden bis zu einem solchen Konzil. Das Trienter Konzil entspricht nicht
diesen Vorgaben und wird daher mehr Schaden als Nutzen bringen (fol. 6yr-68v).
Bucer schlägt statt dessen ein durch den Kaiser einberufenes Nationalkonzil vor, bei
dem gottesfürchtige und tugendhafte Männer als Richter auftreten sollten, nicht der
Papst und die Seinen, die vielmehr dort als die Beklagten erscheinen müssten
(fol.68v-69v). Denn daß der Kurie die Kirchenreform nicht anvertraut werden
könne, zeige schon das Bekenntnis Papst Hadrians VI., das jedoch keine Verbesse-
rung der beklagten Mißstände nach sich zog (fol. 69rv).
Mit diesen Argumenten, schließt Bucer, vor allem aber mit dem Hinweis auf die
Reformunfähigkeit der päpstlichen Anhängerschaft könne die Konzilsrekusation
plausibel begründet werden (fol. 6pv-yir).

3. Wirkung
Am 8.Juni 1545, kurz nachdem Jakob Sturm Bucers Gutachten empfangen hatte,
suchten Granvelle und Naves das Gespräch mit Sturm, um ihn zur Anerkennung
des Trienter Konzils zu bewegen.1 Bei dieser Gelegenheit muß Sturm auch jenes
Gutachten zur Konzilsrekusation übergeben haben, das sich in Straßburg erhalten
hat,2 denn er notierte darauf: »Dise schrifft haben wir den hern von Granuella vnd
Navis vff jr munntlich furhalten vbergeben In Initio Junii.«3 Ausführlicher setzte
sich dann jedoch erst ein halbes Jahr später der Schmalkaldische Bundestag in
Frankfurt mit der Konzilsrekusation auseinander, der sich zeitlich mit dem Beginn
des Religionsgesprächs in Regensburg überschnitt.4 Der Frankfurter Stadtadvo-
kat Hieronymus Lamb wurde am 29. Dezember 1545 mit der Zusammenstellung
einer Rekusationsschrift aus den Gutachten der Stände beauftragt.5 Nachdem sein
aus den Straßburger und Tübinger Gutachten6 zusammengestelltes Schriftstück7
1. Vgl. PC 3, Nr. 574, S.603-606; Vogel, Religionsgespräch, S. 148h
2. »Der Augspurgischen Confession verwandten Stennd Resolution Jn p[unct]o Conciln Tri-
dentim Warumb sie das nit fur ein frey chnstlich Concihum halten oder darain gehellen koennen,
Vff dem Raichstagh zu Wormbs A[nn]o 1545«, Straßburg StA, AA 526, fol. 71—9'’.
3. Vgl. Straßburg StA, AA 526, fol. 71.
4. Der Schmalkaldische Bundestag m Frankfurt tagte vom 15. Dezember 1545 bis zum 8. Fe-
bruar 1546.
5. Vgl. PC 3, Nr.651, S.704.
6. Das Gutachten der Tübinger juristischen Fakultät lag seit dem 28. November 1545 vor; vgl.
PC 4,1, S. 20 Anm. 10.
7. Die Zahl der Gutachten, die der protestantischen Rekusationsschnft von 1546 vorausgingen,
lst sehr groß. So finden sich etwa lm StA Marburg, Best. 3, Pol. Arch., Nr. 850 neben Bucers Gut-
achten sieben weitere Stellungnahmen aus Sachsen, I Iessen, Württemberg und Nürnberg, darunter
die Einschätzungen Melanchthons, Balthasars von Gülthngen und Erhard Schnepfs. Zu Melanch-
thons für den sächsischen Kurfürsten erstelltem Rekusationsgutachten, das m latemischer und
deutscher Sprache gedruckt wurde, vgl. Jedin II, S.i76f.; MBW 4, Nr.4336.1; Brockmann, Flug-
 
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