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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0024
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

Weise mit der Obrigkeitsproblematik in Berührung. Wie kaum ein anderer war sich
der Elsäßer Reformator dessen bewußt, wie ausschlaggebend die Rolle der weltlichen
Obrigkeit für die Sache des Evangeliums war. Er weist die christlichen Oberen, unter
auffallend starker Bezugnahme auf das Alte Testament, entschieden auf ihre religiösen
Verpflichtungen hin, tritt energisch für das Jus Reformationis der Potestas Inferior,
aiso auch der freien Reichsstadt, ein und beruft sich für seine weitgehenden und
rigorosen Forderungen an die weltliche Obrigkeit besonders auf die Autorität Augu-
stins4.
Martin Bucers Erfahrungen mit den städtischen Magistraten finden in seinen beiden
Obrigkeitsschriften »Vom Ampt der oberkait« und »Dialogi« ihren Niederschlag. Mag
er seine Stellungnahme im Laufe der Jahre den Umständen entsprechend auch modifi-
ziert haben, so ist er im Grunde zeitlebens seinen Ansichten treu geblieben5.

2. Die Obrigkeitsfrage in Straßburg
Bucers Interesse an der Stellungnahme Augustins den Donatisten gegenüber erklärt
sich aus seiner eigenen Position den Täufern gegenüber. Was er in der Straßburger
Synode 1533 durchsetzte, hat sich ihm als Parallele zum Donatistischen Kampf erge-
ben. Schon Pilgram Marbeck hatte ihm 1532 vorgeworfen, daß er unter dem Schutz
des Magistrats predige. Auch zwinge man durch die Kindertaufe die Leute ins Reich
Gottes, »und es soll doch kein Zwang darin sein«6. Einen ähnlichen Standpunkt
vertritt ihm gegenüber Schwenckfeld; er wolle nicht, daß »Jemand seines Glaubens
wegen verfolgt werde, auch die Wiedertäufer nicht«7. Der Magistrat von Straßburg
war zunächst auch dieser Meinung und begründete sie damit, daß »in Sachen des
Glaubens, die ein freiwillig Werk und Gab Gottes sind, mit Geboten nie viel ausge-
richtet worden«8 ist. Aber schließlich sah der Rat ein, daß ohne einheitliche Ordnung
in der Kirche nicht auszukommen sei. Die Straßburger Synode hatte am 3. 6. 1533 über
die 16 Artikel disputiert9. Art. 14 lautet: »Die Oberkeyt, so das schwert vnnd höchsten
eüsserlichen gewalt hat, ist ein dienerin gottes; solle also, wie Got inn seinem gesatz
befolhen vnnd der geyst Christi inn allen, die er füret, selb leret vnnd treibet, alles jr
vermögen dahin richten, das by jren vnderthonen gottes namm geheyliget, sein reich
erweiteret vnnd seinem willen gelebt werde, so fil sie jmer mit jrem ampt dazu dienen
mag. Derhalb müß deren geyst, die da wöllen, das die Oberkeyt sich christlichs thuns
4. Vgl. M. de Kroon: Bucerus Interpres Augustini. In: ARG 74. 1983. S. 75—93. Bezeichnen-
derweise übernimmt B. nicht Luthers Ansichten (vgl. Holl 1, S. 345), sondern läßt um der
besonderen Situation willen einen Brief Augustins übertragen, den er kommentiert.
5. Vgl. B.s Ausführungen an den englischen König Edward VI. über die religiösen Verpflich-
tungen des christlichen Herrschers in »De regno Christi«; BOL 15. S. 98ff. S. 105 wird die Frage
»Quatenus et gladii potestas restituendo Euangelio deservire debeat« (Marg.) aufgeworfen. Mit
Recht sieht F. Wendel hierin eine Bestätigung von Bucers früheren Ansichten (ebd., Anm. 3).
. 6.. Gerbert, S.. 102.
7 Ebd., S. 138.
8. Röhrich, Gesch. 2, S. 41.
9. BDS 5, S. 18 ff.
 
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