3°
OBRIGKEITSSCHRIFTEN
Herren Jesu auß gottlicher geschrifft und auch der Christlichen Kayser gesetzen
gnugsam anzaigen, wes die undren oberkaiten on verletzung der waren gehorsame,
auch on ainig zerrüttung guter Pollicey 33 gegen den obren oberkaitten in sachen der
Religion und besserung der Kirchen zu handlen haben und mit der hilff Gottes wol
auch gantz schleünig und fndlich vermügen 34 . 5
Als aber auß anregen des vatters der lugen die anstiffter diser irrthumb vil der
einfältigen auch damitt hinders liecht zü füren understehn 35 , das sy fürgeben, die alten
h. väter habens auch also gehalten, das die obren, so das schwerdt tragen, mit solchem
irem ampt in sachen deß glaubens und der Religion nichts zu thün haben, damit wol
und im grund erkennet werde, das solchs den hailigen vättern und leerern neben der io
warhait zügemessen wirt, hab ich meinen besonders lieben brüder und mitarbaiter am
h. Evangelio, Wolfgangen Meüßlin, ain diener der Kirchen zü Augspurg, vermügt, ins
teütsch zu bringen und dannocht in truck zu geben die nachfolgende geschrift deß
hailigen Augustini, die der hailig leerer an den Kaiserlichen kriegsgraven Bonifacium
gethon hatt 36 . 15
37 In diser geschrifft erweiset diser hailig leerer mit heller gotlicher geschrifft, das die
obren auch durch das Ampt der oberkait künden und sollen das reych Gottes fürdren,
irrthumb, falsche leer und alles gotloß wesen abtreiben, die leüt anhalten, das sy die leer
der warheit horen, sich in gemain der Christen, dieweyl sy sich deß namens Christi
berhümen wollen, thüen und Christlicher zucht underwerffen, und das die forcht und 20
| [A 4 a] | 38 straf der oberkait zu fürderen, die ware, selbwillige gotsäligkait hoch diene,
das solches auch Christo, unserem Herren, gefalle und auß seinem gaist also verhandlet
werde, obwohl er und seine h. Apostolen diß bey kainen obren, die dann derzeyt wider
in und Gott wüteten, ersücht haben, was underschayd auch sey zwischen billicher
straff des argen, das ist der verfolgung umb der ungerechtigkait willen, und straffen 25
des güten, das ist der verfolgung umb der gerechtigkait willen, sampt anderem, das zü
aigentlichem und gegründtem verstand dises handels hoch dienstlich ist 39 .
Dise geschrifft des h. Augustini wirt ainen yeden güthertzigen wol berichten nit
3 3. Öffentlicher Sicherheit.
34. Der Unterschied zwischen »unteren« und »oberen« Obrigkeiten (potestates inferiores et
superiores), auf den auch Luther in der Schrift >Von weltlicher Oberkeit< (1523) anspielt (WA x 1,
S.276, Z. 29 —S. 277, Z. 2) spielt in Bucers Obrigkeitslehre seit der 2. Auflage des Evangelien-
kommentars (1530), 8.57a, eine ganz wichtige Rolle. Im Römerbriefkommentar von 1536
versucht er den Ausdruck anhand der Pluralform e^ouaiai (Ro 13,1) sogar biblisch zu untermau-
ern (S. 483 b). Vgl. auch die Epistola Apologetica (1530); BOL 1, S. 114, Z. 12 — 27.
35. Vgl. Jo 8,44 u. 1 Jo 2,21.
36. Zu Augustins Streit mit den Donatisten vgl. E. Tengström: Donatisten und Katholiken:
Soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte einer nordafrikanischen Kirchenspaltung. Studia
Graeca et Latina Gothoburgensia 18. Göteborg 1964. Weitere Literaturangaben bei C. Andresen:
Bibliographia Augustiniana. Darmstadt 1973. S. 76 — 78.
37. Erat Comes rei militaris, de cuius officio, vide Cod[cx\ li[ber] 12, A/[ulus] 12 [Marg.]. — Corpus
Iuris Civilis, Cod. XII, 12.
38. Innhalt volgender schrifft Augustini. [Marg.]. Vgl. Mt 5,10.
39. In Augustins Brief an Bonifaz steht dieser Unterschied im Mittelpunkt der Überlegungen:
nos enim dicimus ideo illum ad ueram ecclesiam pertinuisse, non quia persecutionem patiebatur,
sed quia propter iustitiam patiebatur; CSEL 57, S. 9. Vgl. M. de Kroon, a.a.O., S. 80.91h
OBRIGKEITSSCHRIFTEN
Herren Jesu auß gottlicher geschrifft und auch der Christlichen Kayser gesetzen
gnugsam anzaigen, wes die undren oberkaiten on verletzung der waren gehorsame,
auch on ainig zerrüttung guter Pollicey 33 gegen den obren oberkaitten in sachen der
Religion und besserung der Kirchen zu handlen haben und mit der hilff Gottes wol
auch gantz schleünig und fndlich vermügen 34 . 5
Als aber auß anregen des vatters der lugen die anstiffter diser irrthumb vil der
einfältigen auch damitt hinders liecht zü füren understehn 35 , das sy fürgeben, die alten
h. väter habens auch also gehalten, das die obren, so das schwerdt tragen, mit solchem
irem ampt in sachen deß glaubens und der Religion nichts zu thün haben, damit wol
und im grund erkennet werde, das solchs den hailigen vättern und leerern neben der io
warhait zügemessen wirt, hab ich meinen besonders lieben brüder und mitarbaiter am
h. Evangelio, Wolfgangen Meüßlin, ain diener der Kirchen zü Augspurg, vermügt, ins
teütsch zu bringen und dannocht in truck zu geben die nachfolgende geschrift deß
hailigen Augustini, die der hailig leerer an den Kaiserlichen kriegsgraven Bonifacium
gethon hatt 36 . 15
37 In diser geschrifft erweiset diser hailig leerer mit heller gotlicher geschrifft, das die
obren auch durch das Ampt der oberkait künden und sollen das reych Gottes fürdren,
irrthumb, falsche leer und alles gotloß wesen abtreiben, die leüt anhalten, das sy die leer
der warheit horen, sich in gemain der Christen, dieweyl sy sich deß namens Christi
berhümen wollen, thüen und Christlicher zucht underwerffen, und das die forcht und 20
| [A 4 a] | 38 straf der oberkait zu fürderen, die ware, selbwillige gotsäligkait hoch diene,
das solches auch Christo, unserem Herren, gefalle und auß seinem gaist also verhandlet
werde, obwohl er und seine h. Apostolen diß bey kainen obren, die dann derzeyt wider
in und Gott wüteten, ersücht haben, was underschayd auch sey zwischen billicher
straff des argen, das ist der verfolgung umb der ungerechtigkait willen, und straffen 25
des güten, das ist der verfolgung umb der gerechtigkait willen, sampt anderem, das zü
aigentlichem und gegründtem verstand dises handels hoch dienstlich ist 39 .
Dise geschrifft des h. Augustini wirt ainen yeden güthertzigen wol berichten nit
3 3. Öffentlicher Sicherheit.
34. Der Unterschied zwischen »unteren« und »oberen« Obrigkeiten (potestates inferiores et
superiores), auf den auch Luther in der Schrift >Von weltlicher Oberkeit< (1523) anspielt (WA x 1,
S.276, Z. 29 —S. 277, Z. 2) spielt in Bucers Obrigkeitslehre seit der 2. Auflage des Evangelien-
kommentars (1530), 8.57a, eine ganz wichtige Rolle. Im Römerbriefkommentar von 1536
versucht er den Ausdruck anhand der Pluralform e^ouaiai (Ro 13,1) sogar biblisch zu untermau-
ern (S. 483 b). Vgl. auch die Epistola Apologetica (1530); BOL 1, S. 114, Z. 12 — 27.
35. Vgl. Jo 8,44 u. 1 Jo 2,21.
36. Zu Augustins Streit mit den Donatisten vgl. E. Tengström: Donatisten und Katholiken:
Soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte einer nordafrikanischen Kirchenspaltung. Studia
Graeca et Latina Gothoburgensia 18. Göteborg 1964. Weitere Literaturangaben bei C. Andresen:
Bibliographia Augustiniana. Darmstadt 1973. S. 76 — 78.
37. Erat Comes rei militaris, de cuius officio, vide Cod[cx\ li[ber] 12, A/[ulus] 12 [Marg.]. — Corpus
Iuris Civilis, Cod. XII, 12.
38. Innhalt volgender schrifft Augustini. [Marg.]. Vgl. Mt 5,10.
39. In Augustins Brief an Bonifaz steht dieser Unterschied im Mittelpunkt der Überlegungen:
nos enim dicimus ideo illum ad ueram ecclesiam pertinuisse, non quia persecutionem patiebatur,
sed quia propter iustitiam patiebatur; CSEL 57, S. 9. Vgl. M. de Kroon, a.a.O., S. 80.91h