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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0083
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DIALOGI

79

wenn man von Obren und Oberkaiten redet. Frid: Erstlich mag uns diser nam anders
nichts für-| [F ib] | bringen dann die, so über andre gesetzet seind und gewalt haben,
dieselbigen als ire underthonen zü underweysen und zü richten. 173Sinnp: So werden
vilerlay obren sein. Der Ehman ist ye gesetzet über sein weyb, der vater über seine
5 kinder, der haußherr über sein haußgesind, der schülmayster über seine schüler, der
zunftmaister über sein zunfft, der Burgermaister und Radt über ire Statt, der hauptman
über sein Kriegsvolck, der Fürst und Fierr über sein land, der Kayser und Künig über
sein reych. 174Frid: Nun, die alle haben auch ire oberkaiten und wieweyt sich dieselbi-
gen erstrecken, soweyt sollen sy auch mitt solchen iren oberkaiten Gott, von dem dann
io aller gewalt und alles güts ist und kommet, zum fürdersten dienen wollen und seinen
dienst und Religion, so vil sy ymmer vermügen, fürderen und das allenthalben, beson-
ders aber bey denen, so inen in sonderhait bevolhen seind. Auch vor allem den waren
hertzlichen glauben und dann alles, das zü solchem glauben gehoret und dran hanget,
Als da seind fürnamlich die hailigen Kirchenübungen, demnach alle güte zucht, sitten
15 und was ymmer wol steht und recht ist.
Flart: Der Span175 ist aber, waystu wol, mein Fridlieb, fürnamlich von den ausseren
gemaynen Kirchenübungen, wer an sollichen habe thätliche reformation fürzunemen,
Prediger ab- oder aufzestellen und andere Kirchenbreüch zü besseren. Sinnp: Ja,
Fridlieb, das ists, darob wir zwen unser disputation hetten angefangen, eh und du zü
20 uns kamest. Frid: Wenn wir dann von disem fürnämlich reden wollen, Welche Obren
in gemainer Kirchenanstellung und -haußhaltung thätlich zu handlen, was ergerlich ist
abzuthün und was besserlich aufzurichten und gemaine offentliche reformation und
besserung fürzünemen haben, so werden wir im namen der Obren die Obren verstehn
müssen, von denen die hailigen Apostelen reden: Paulus Ro. 13 [ 1— 8] und Tit. 3 [1]
2; und Petrus in der ersten, ca. 2. [ 13 -14]: Nämlich, die das schwerdt tragend über das blüt
zu richten und gemaine satzungen und ordnungen zü geben haben. 176Sinnp: Das
wären die, so merum Imperium haben, das ist, ain vollen gewalt, der da ist, wie in
Ulpianus177 beschreybet, gewalt haben des | F 2a | schwerdts, die übelthätter zü
züchtigen, welcher gewalt auch potestas gehaissen wirt und vom hailigen Paulo
30 c^ouofa.
Flart: Die oberkaiten, wüst ir wol, seind im Teutschen land mancherlay weys abtay-
let. Da finden ir ain oberkait, die hat bey iren underthonen gebott und verbott zu
machen und alle regierung und derhalb auch alle dienst und gehorsame von inen und
doch das schwert und halßgericht nicht. Und die obren, so daselbst das halßgericht
35 haben, die haben an solchen orten nichts mehr zü gebieten oder zü verbieten oder

173. Wie vilerlay obren. [Marg.].
174. Soiveytyeder ain oberer, soweit solle er die religion fürderen. [Marg.].
175. Streitpunkt, springender Punkt.
176. Merum imperium, der obrest und vollmacbtig gewalt [Marg.].
177. Dig. II, 1,3: »Imperium aut merum aut mixtum est. merum est imperium habere gladii
potestatem ad animadvertendum facinorosos homines, quod etiam potestas appellatur.« Vgl.
Einleitung, S. 41, Anm. 5. »Merum imperium« ist die volle rechtliche Gewalt. B. will zum
Ausdruck bringen, daß der Augsburger Rat diese für die kirchlichen Angelegenheiten ausüben
soll. Zu Domitius Ulpianus vgl. Pauly-Wissowa 5, S. 1435 ff.; 2,17, S. 567ff.
 
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