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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0085
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DIALOGI

uns für sigel und brieff und alle Regalia184 sein, es seye dahin kommen wie es wolle. Im
werck sicht man den willen Gottes, der ist an im selb allwegen gerecht und gut, was
boß joch185 die leüt daran hencken. Es haben offt regieret Kaiser und Künig, die ire
aigene Herren und Künig ermordet haben und seind also in gewalt irethalb mit allem
; unrecht kommen. Noch186 dieweyl dannocht nyeman dann Gott inen hat mogen den
gewalt züstellen, hat man solchen gehorsamen sollen, so lang sy Gott in seinem gewalt
geduldet hat.
187Sinnp: Auß dem wirdt aber nun folgen, das man den genandten gaistlichen iren
gewalt auch lassen und inen gehorsamen solle, den sy yetzund vil jar haben über die
io gantze Kirchen; Und nit allain über die Kirchenübungen und die leüt, so ires stands
und geweyhet sein sollen, sonder auch über alle, die sich Christlichs namens rhümen,
über Kayser und Künig und allen gewalt auf erden. Diser gewalt wirt inen noch von
den hochsten ober-| F 3 a | kaiten mit aydespflichten bestatiget und im werck gelaistet.
Frid: Das ist alles von Gott, der wayßt wol, wem er gewalt über uns geben solle. Es ist
15 Gottes ordnung, die kan nit boß sein, wie joch die leüt sein, die den gewalt tragen.
Hart: Wie, mein Fridlieb, Solle man dem Bapst und pfaffen gehorsamen? Frid: Der
Apostel sagt, wer dem gewalt widerstrebt, der widerstrebt der ordnung Gottes. Dann alle
gewalt, die allenthalben seind, die seind von Got geordnet, Ro ij\2]. Darüber kan nyemand.
Es ist Gottes wort. Sinnp: Also mainet ich auch. Hart: Ey, sollen wir den Pfaffen
20 gehorsamen, so müssen wir doch nit allain kain reformation an Cerimonien fürnemen,
sonder auch kain rechte predig behalten. Ja, wir müssen wol offenbarliche abgoterey
anbetten und die mit leib und güt beschirmen. Frid: Wie das, mein Hartmüt? Hart: Da
haben dise leüt über die ding gewalt und brauchen denselbigen gewalt, gewisse abgote-
rey zü erhalten und zü beschirmen und alle rechte, ware Christliche leere und Cerimo-
25 nen zü undertrucken und zü vertilcken.
Frid: Nun, man wayßt aber auch wol, was gewalt oder mißbrauch des gwalts seye,
auch wie man dem gewalt gehorsamen und den mißbrauch dulden solle. Frage dieselb,
die deß Bapsts gewalt zü diser zeyt verthädigen, was der Bapst und alle genandten
gaistlichen für gewalt haben! Hart: Gewalt? Solle ich sy fragen, So sagen sy, das der
30 Bapst gewalt habe in himel, erd und under der erde, über Engel, menschen und Teüfel,
lebendige und todten, Kayser und Künig und über alles gaystlichs und weltlichs, über
güt, ehr, leib und seel. Sinnp: Ha, ho, Hartmüt, du machst die sach gar faißt188. Hart:
Ey, lieber, frag des Bapsts Cenonisten und lüge189, ob sy nit diß alles selb leren. Hat sich
nit Alexander sextus190 underzogen, in semem Jubeljar zü gebieten den Engelen und

184. Regalien waren die dem König zustehenden Hoheits- und Vermögensrechte; RGG 5,
Sp. 907 f.
185. Auch immer.
186. Dennoch.
187. Von des Bapsts gewalt und der gaystlichen. [Marg.].
188. Feist, fett, Sinn: Du übertreibst.
189. Sieh, schau.
190. Es handelt sich dabei um die (ca. 1479 und ca. 1480 auch gedruckte) Bulle »Ad memoriam
reducendo«, die angeblich Papst Clemens VI. (1342—1354) am 28. Juni 1344 erlassen haben soll.
 
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