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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0119
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DIALOGI

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unseren nachsten erfordere. Das fmden wir bey dem Platone und anderen so helle, das
man wol zu sehen hat, wie Gott dannocht die welt nye sein selb unbezeüget gelassen
hat, wie der lieb Paulus sagte in der predig an die Listraner, Act. 14 [15 — 17].
| [M ib] | 419 Hart: Gott hatt sein ewig macht und Gotthait ye welt durch seine
5 herrliche werck den Haiden offenbaret, Ro. 1 [19 — 20]. Daher seind sy alle zum Gottes-
dienst getriben worden. Als sy aber sich selb mehr dann Gott gesuchet, seind sy wol
laider in verkerten sinn gegeben, damit sy in allerlay unsinnige abgotterey gefallen
seind und volgens auch in hochste zerstorung aller güten sitten und des gantzen
menschlichen lebens. Noch 420 ist als der trib, den Gottesdienst zü versehen und zü
10 halten, von Got gewesen, auf welchen trib wir billich sehen und uns den auch in
Haiden zum Exempel sein lassen. Doch 421 das wir im allain und lautter volgen, nit uns
lassen das gesüch unsers flaischs von disem trib auf ain anders richten, das 422 wir
gedächten, Got zü dienen in dem, das er uns nit geleeret hat. Auß disem außschlag 423
und dem trib zum Gottesdienst seind ye und ye alle abgotterey enstanden.
15 Frid: Lieber Sinnprecht, kündestu auch gedencken, das ain frummer haußvatter sein
künde, der nit vor allem anderen seinen hochsten fleiß und ernst fürwenden solte, die
seinen zü warem Gottesdienst anfüren und von allem dem verhüten und abzutreyben,
das dem mochte entgegen sein? Sinnp: Warumb wolte aber ain vater sein blüt und
flaisch, seinen aigen leib und gehülffen, wie dann ain yeder byderman 424 haltet sein
20 weyb, kind und gesind, an dem versaumen, daß das hochst güt ist und an dem alle
zeytliche und ewige säligkait hanget, Als da ist Got erkennen, fürchten, lieben und
verehren? Frid: Wol, Was seind aber nun die obren gegen iren underthonen? Sinnp:
Vätter. Frid: Und die obren vätter, die mehr gewalt über ire underthonen haben dann
sunst kain besonderer 425 vater über seine kinde. Dann die obren ire underthonen in
25 krieg und gefahr des todes zü schicken und so sy das verdienen, selb zü todten haben.
Darauß volget dann, sovil der gewalt bey den obren grosser ist, das auch der fleiß und
ernst zum hail der underthonen bey inen sovil grosser sein solle. Derohalb sy mit allem
irem gebieten und verbieten, straffen und belohnen dahin zum fürdersten sehen und
sich von gantzem hertzen und allen kreften dahin begeben sollen, das die iren zü warem
30 Gotesdienst | M 2 a | angefüret und darin erhalten, auch vor allem dem bewaret wer-
den, das sy daran ymmer verhinderen mochte. Das ieeret die natur, das ist, das gottlich
liecht, so Gott allen menschen einleüchtet und ye und ye eingeleüchtet hatt 426 . Dann
419. Der trib C{um Gottesdienst auch beji den hayden ist von Gott. [Marg.].
420. Dennoch.
421. Gedanklich zu ergänzen: in der Weise, daß ...
422. In konsekutivem Sinne: so daß ...
423. Hier: Entwicklung, Lauf der Dinge. Trübner 1, S. 196.
424. Hier noch in der Bedeutung von dem »Ehrenmann«, dem ehrenhaften, anständigen
Hausvater, Trübner 1, S. 327.
425. Sonst ein einzelner.
426. Vgl. 1 Jo 1,4. Die Lehre vom natürlichen Licht stammt von Cicero, findet sich bei Thomas
von Aquin (Summa Theologiae 1, q. 106, a. 1 ad 2: Lumen naturale intellectus nihil aliud est quam
manifestatio veritatis) und bei Melanchthon: Loci communes. De lege naturae. CR Mel 21,
Sp. 711. Ut lumen oculis divinitus inditum est, Ita sunt quaedem notitiae mentibus humanis
inditae. Vgl. auch C. Bauer: Melanchthons Naturrechtslehre. In: ARG 42. 1951. S. 64—100.
 
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