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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0145
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DIALOGI

141
.illes hat Gott ja besonders den juden gebotten und kainem anderen volck und dassel-
big auch allain auf die zeyt, die vor Christo, unserem Herren, gewesen ist, in welcher
die fuden von allen Hayden solten noch gesünderet und abgetaylet sein. Der ander tayl
der leeren im gesatz Mose ist von der allgemainen Gottsaligkait, hailigkait und gerech-
tigkait, für sich selb on sollich verhefftung 596 an die Cerimonien im gotesdienst, an die
leiplichen raynigungen und an die besonderen ordnungen der politischen gesetzen,
gerichten und straffen.
597 Die leer Gottes ist bey den alten und bey uns alle dahin gerichtet, das wir uns Got
aller ding vertrawen und den nächsten lieben und dann auß solchem glauben und liebe
gantz hailig und freüntlich leben vor Gott und mit yederman. Als aber Gott das alt
volck in seinem besonderen land und von allen volckeren abgetaylet und gesünderet
regieren wolte, auch ingemain nit mit so reichem gaist und verstand der gotsäligkait
| Q 3 a j begaben, hat er inen allerlay aussere breüch und ubungen gegeben: Ain tayl
dienend zur gotsäligkait, als da gewesen seind die Cerimonien des Tabernackels, Der
ander tayl zur hailigkait, als da waren das vilfältig ausser täuffen und vermeydung
allerlay leiplicher speysen, trancks und anders, Der dritte tail zu fürderen gemainen
friden und gerechtigkait under dem volck.
598 Solche ausser gepreüch und ubungen nach der Auffart des Herren, als nun der
Herr Jesus der welt eroffnet und den gleubigen der reycher gayst gegeben und das
reich Gottes zü allen volckeren angangen ware, nit mehr iren nutz und dienst gehabt
bey den gleubigen wie vor. Dann was der Herr zuvor durch sovil Cerimonien des
Gotsdiensts bey seinem volck, die Gotsäligkait zü fürderen, außgerichtet hat, dassel-
big hat er hernacher vil gewaltiger außgericht durch die wenigen breüch der Christli-
chen gemainsam als die hailigen versamlungen und gleubige übungen im wort, gebett
und den hailigen Sacramenten. Also was bey den Juden die ausseren raynigungen zur
hailigkait des lebens haben dienen sollen, das geschicht nun besserer weyß und kreffti-
ger durch die tägliche ermanung zum absterben, durch brüderliche warnung und
zucht, fasten und gebett. Gleichermassen was die Politische ordnungen ymmer haben
zü gemainem friden und gerechtigkait nutzen mogen, das richtet yetz auß die freye
liebe, die alles ordenlich anrichtet, das ist zü nutz und wolfart aller deren, bey welchen
der Christ leben solle. Nymmet solche ordnung für, die zü yeder zeyt, statt und gele-
genhait dem menschen besserlich seyen.
So dann nun auch bey uns Christen vonnoten ist, das schwert zu brauchen zur straff der
übelthäter, dann vil beruffen seind, aber wenig erwolet 5 ", so wirt die Christliche Oberkait
wol mcht allweg eben die weyß der straffen halten wie die vom Mose gebotten, Also
das sy eben mit stainen oder auf andere weyß die übelthäter hinnemme Noch 600 weyl
das in güter Policey vonnoten ist, das man das übel, so offentlich ergeret, mitt allem
ernst hinneme, auch durch den tod der menschen, so wirdt dennocht die Christliche
oberkait allweg auf das end sehen, auff das die j [Q 3 b] | Mosaische gesetz von Got
596. Anbindung an, Verbindung mit.
597. Summa aller leer Gottes. [Marg.].
598. Was vom gsat^ Mose auffgehaben sey. [Marg.]. Auffgehaben hier: aufgehoben, ungültig.
599. Mt 20,16. Vgl. Ro 13,4.
600. Hier: trotz alledem.
 
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