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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0171
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DIALOGI

167

Hart. Warzü aber? Unrecht zu thün? den Christlichen glauben zü zerstoren? Sinnp:
Nain, es hat aber kain gewalt sy zu richten. Frid: Anders hastu vor bekennet, da wir
hievon handleten, das die Kaiser das gericht haben über alle gaistlichen766. Sinnp: Ja,
die Kaiser. Und darumb, so der Kayser den underen obren verbeüttet, die gaistlichen
zu richten, sollen sy sich des auch nit understehn. Frid: }a, wens in der Kayser verbeüt-
tet. Sinnp: Ich main, er habs inen verbotten. Frid: Das gestande ich nitt. 767Sinnp: Nitt?
So lise das Wormisch Edict und was reychsabschyd768 auff dasselbig hernacher gangen
seind. Ich geschweyg der alten satzungen, in denen die Kayser die gaystlichen ires
aigen gerichts gefreyet769 haben, da | [V 4 b] | von oben gemeldet ist. Frid: Des Wormi-
schen Edicts und nachgender abschyd halben waistu wol, das sy noch auß
Gottes gnaden und Kayserlicher miltigkait zü gemainen gesetzen des reichs nitt
angenommen seind, und Kayserliche Majestat hatt selb die stende, so wider solche
Edict und abschyd irer nodurfft und gewissen nach protestieret haben, in Kayserlichen
gnaden und friden bißher gehalten und zuhalten menigklich gebotten. Darumb biß770
du uns nit strenger dann Kayserliche Majestat selb! Was dann rechts seye in den bege-
bungen Kayserlicher oberkait über die Bapstlichen, davon ist im sechsten gesprech
genüg gehandlet771.
772So waistu auch wol, mein Sinnprecht, das kain mensch freyhait oder recht geben
kan, unrecht zu thün oder das schuldig recht zü underlassen. Wiltu Kaiserliche Majes-
tat also schmahen, das sy etwas wider das gemain recht gebieten wolle? Mainestu nicht,
er lasse im auch gelten, das die vorigen Kayser für recht erkennet haben und auch recht
ist? In Co[dice] Si Cont[ra] Ius vel ut[ilitatem] pub[licam]773 haben wir ain solche
schrifft des Kaisers Anastasy:
774Wir erinneren alle befelchhaber der hoheren und nideren verwaltigung unsers
gemainen reichs, das sy in rechtfertigung ainigs handels kaine schrifft noch besonder
geschäfft oder Kaiserlich verzeichnuß fürbringen lassen, die gesehen werde gemainen
rechten oder gemainem nutz entgegensein, sonder sollen nitt zweyffelen, sich zu halten
der gemaynen Kayserlichen satzungen.
Diß seind die wort dises gesatzes. Solten nun die gaistlichen das gantze Christen-
thumb verkeren und inen die oberkaiten nichts dürffen eintragen, wäre das nit wider
das gemain recht und gemainen nutz? Sinnp: Das ist aber noch nit außfindig und
bekandtlich, das der pfaffen thün in leere und Kirchenübungen ain verkerung des
Christenthumbs seye. Frid: Wem das nicht außfmdig und bekandtlich ist, der darff
auch nichts wider der pfaffen mißbreüch fürnemen, welchen obren es aber so außfmdig
766. Vgl. 7. Dialog, oben S. 113 ff.
767. Das Wormisch edict. [Marg.].
768. RTA 2 (Jüngere Reihe). Nr. 92, S. 640—659; Nr. 101, S. 729 — 743.
769. Gemeint ist hiermit die kirchliche Immunität, die kirchlichen Personen, Orte und Güter
von Diensten und Abgaben an die öffentliche Gewalt befreite und seit dem 10. Jahrhundert den
geistlichen Fürsten die hohe Gerichtsbarkeit übertrug. Vgl. LThK 5, Sp. 634.
770. Sei.
771. s. oben S. 78 ff.
772. Nieman kan freihait gehen, unrecht thün. [Marg.].
773. Corpus Iuris Civilis, Cod. I, 22,6.
774. Des Kaisers Anastasi schrift, das wider gemayne recht und nuts^ nichs soll gelten. [Marg.].
 
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