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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0173
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DIALOGI

169

gottsäligkait täglich wachsen und zunemen 780 . Darumb sy mit narung also begabet und
mit würden gezieret seind. Weil sy aber das gegentail so wissentlich und unverschämet
handlen zur hochsten schmach Gottes und grausamester ergernuß, die auf erden ye hat
mogen gegeben werden, sollen sy ye billich demnach auch gehalten und irer gottlosen
; verderbnuß aufs forderst geweret werden, wie das die that unsers Herren Jesu 1m
Tempel bewysen hatt 781 .
Leeren doch die Pfaffen selb, das die oberen alle, die falsche leere und abgotterey
anrichten und darin beharren wollen, verbrennen sollen und ire grewel kain stund
gedulden, wenn es gleich eytel Bischoff, Pfaffen oder Münch wären 782 . Sinnp: Die
10 pfaffen sollen aber vor erkennen, wer ketzerey leere oder abgotterey treibe. Frid: Wenn
aber die pfaffen selb Ketzer und abgottler seind, biß wenn werden sy sich selb zu
Ketzeren und abgottleren und zum feür erkennen?
783 Lieber, So ainer frävenlich in die Kirchen lieffe und tribe die priester von Altären,
wie unser Herr im tempel thät, da doch fürnämlich nur der geytz der priester, die iren
15 gewinn durch vermainete fürdernuß der opfer sucheten, ursach ware und nit sovil
abergleübisch thun wie in Messen mit eingemischet, maynestu, das sy es — die pfaffen —
unbilligen wurden, wa die oberkait ainen sollichen Meßstorer, wenn er gleich ain
Cardinal wäre, alsbald griffe und weeret im mit gewalt? Sinnp: Das wäre ain unsinnige
weyß. Frid: Wie, wenn es ain Christlicher eyfer | X 2 a | wäre und eben das, das der
20 Herr im tempel thäte? Sinnp: Nun, da halten aber sy ir Meß für den grosten Gottes-
dienst.
Frid: Wafür sollen aber die Christlichen oberen das hailig Evangelii, die Mess Jesu
Christi, das ist, den waren brauch des hailigen Abentmals Christi, die ehr unsers Gottes
und erlosers, das hayl der armen seelen halten? Welches alles die armen verstockten
25 pfaffen vol unsinnigs, aber nunmehr auch wissends frävels, zerstoren, abtreiben und
verderben mit irer falschen leer und abgottischen Cerimonien und gebreüchen.
784 Sinnp: Du brauchest sehr häftige und schmähliche wort. Frid: Ach, gedencke du,
mein Sinnprecht, was man ymmer mehr so häftigs und schmählichs reden kan, das es
nichts ist gegen der so erschrocklichen verkerung des gantzen Christenthumbs, wie die
30 nun sovil jar von Bäpsten, Bischoffen und dem gantzen genanten gaistlichen hauffen
eingefuret, geubet und ymmer gehauffet worden ist und noch täglich weiter eingefu-
ret, geubet und gehauffet wirt. Man sehe an der genandten gaistlichen leben und
halten, das laider nitt ailain gentzlich entgegen ist allen Canonibus und gaistlichen
reglen, sonder auch der leer aller Haidnischen sittenleerer. Man sehe an ir singen und
780. Diese Absicht wird in der kaiserlichen Gesetzgebung, auf die die Immunität der Kleriker
in juristischer Hinsicht zurückzuführen ist, tatsächlich zum Ausdruck gebracht. Vgl. Corpus
Iuris Civilis Nov. VI (Praefatio); vgl. oben S. 167, Anm. 769.
781. Vgl. Mt 21,12-17.
782. Seit dem Aufkommen der Katharer werden die Maßnahmen gegen die Ketzer zusehends
härter. Vgl. das Dekret von Gregor IX., lib. V. tit. 7.C.9. Papst Innozenz III. begründet 1199 die
Strafmaßnahmen gegen die Abweichler vom reinen Glauben aus dem staatlichen crimen laesae
maiestatis; ebd., c.io. Vgl. auch Mirbt-AIand, Nr. 603 (Constitutio 3 De haereticis). 4. Lateran-
konzil (1215).
783. Joan 2(13 — 25]. Math. 2i[\z—17]. [Marg.].
784. Wider die mißbreüche der gaistlichen kan man nicht häftig und schmehlich genug reden. [Marg.].
 
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