DIALOGI
T 73
gegeben, das Kaiser. Maje. selb ir gnaden und friden denen zugesagt hatt, die wider
gedachten abschyd protestieret haben. Das ist ain genädigs werck unsers himelischen
vatters, das sollen wir mit danck annemen und uns des zu seinen ehren gern gebrau-
chen.
816 Mein Sinnprecht, ist nit das der recht und aigentlich Gottesbefelch des gewalts,
Meri Imperii, das man das boß abschaffe und das gut pflantze? Sinnp: Der hailig Pau-
lus lerets also 817 . Frid: Nun, wenn Kai. Maje. solchen gewalt yemand gibt oder be-
stätiget, solle der nicht als ain diener Christi erkennen, das im diser gewalt von Gott
komme?
Sinnp: Was gewalt yrget ist, der ist von Gott verordnet 818 , schreybet der Apostel.
Frid: Wol, solle nun nitt der, der sollichen gewalt tregt, in diesem seinem ampt zum
fürnemesten auff Gottes willen sehen, von dem wir alle seind und alles haben, und dem
wir in allem allain leben sollen und also das arg zum fordersten abschaffen und das gut
pflantzen, das Gott will zum fordersten abgeschaffet und gepflantzet haben? Sinnp:
Der ware glaub sicht allweg und in allen dingen auff Gotes willen und hailigung seines
namens. Frid: Wolan, so du dann gestehst, daß das ampt der obren, die Merum Impe-
rium haben, volkommen zü regieren seye, das boß abtreyben und das güt aufrichten,
soweyt die grentzen seind yedes gewalts und oberkaiten, Und das die Christen diß
ampt, wiewol es in durch die menschen wirdt zügestellet, nach dem willen Gottes
verwalten sollen: Welcher Christ künde dann, der solch ampt der j [X 4b] j oberkait
tregt, und ist im auch dasselbig on ainig verding 819 durch Kaiser. Majestat zügestellet,
mit gütem gewissen das allerergest arg, das Got vor allem will abgeschaffet haben, an
den orten, da er das schwert tregt, bleiben lassen und des hochsten gütens, das Got vor
allem will geforderet haben, nicht achten?
Sinnp: Ey, Got fordert von nyeman mehr, dann er im befolhen. Frid: Recht, so dann
solchen obren befolhen ist, in iren bannen 820 das boß zu straffen und das güt zü fürde-
ren, sollen sy es ye thün und nach dem willen Gottes thün. Sinnp: Ja, nach der maß, in
deren inen solcher gewalt zügestellet ist. Frid: Recht, die maß ist aber, soweyt das arg
zu straffen und abzuschaffen und das güt zu pflantzen und zu fürderen, soweyt die
grentzen raychen der oberkaiten, die yedem zügestellet seind.
Sinnp: Die geistlichen seind frey. Frid: Bewäre das, so hastu gewunnen. Das gegen-
thail vermügen alle recht, und Kai. Maje. gesteht dirs nicht. Ja, die pfaffen selb gestehn
dirs nicht. Lieber, frage sy, ob sy zü falschem Gottesdienst und verkereter leere ge-
freyet seyen. Du schmähest Kai. Maje., das du ir solliche befreyung zügibst. Sinnp:
S. 872h, §§ 23 h). Vgl. das Gutachten von Philipp von Hessen an Markgraf Georg von Bran-
denburg-Ansbach vom_2i. Dezember 1529. In: Das Widerstandsrecht als Problem der deutschen
Protestanten 1523—1546. Texte zur Kirchen- und Theologiegeschichte 10. Hg. von H. Scheible.
2. Aufl. Gütersloh 1982. S. 43—47.
815. s. oben S. 167, V 4b.
816. Was der recht befelhe Gottes seji der oberkait halb. [Marg.].
817. Vgl. Ro 12,9.
818. Vgl. Ro 13,1.
819. Vertrag, hier: einschränkende Bestimmungen.
820. Hoheitsgebieten; vgl. oben S. 168, Anm. 776.
T 73
gegeben, das Kaiser. Maje. selb ir gnaden und friden denen zugesagt hatt, die wider
gedachten abschyd protestieret haben. Das ist ain genädigs werck unsers himelischen
vatters, das sollen wir mit danck annemen und uns des zu seinen ehren gern gebrau-
chen.
816 Mein Sinnprecht, ist nit das der recht und aigentlich Gottesbefelch des gewalts,
Meri Imperii, das man das boß abschaffe und das gut pflantze? Sinnp: Der hailig Pau-
lus lerets also 817 . Frid: Nun, wenn Kai. Maje. solchen gewalt yemand gibt oder be-
stätiget, solle der nicht als ain diener Christi erkennen, das im diser gewalt von Gott
komme?
Sinnp: Was gewalt yrget ist, der ist von Gott verordnet 818 , schreybet der Apostel.
Frid: Wol, solle nun nitt der, der sollichen gewalt tregt, in diesem seinem ampt zum
fürnemesten auff Gottes willen sehen, von dem wir alle seind und alles haben, und dem
wir in allem allain leben sollen und also das arg zum fordersten abschaffen und das gut
pflantzen, das Gott will zum fordersten abgeschaffet und gepflantzet haben? Sinnp:
Der ware glaub sicht allweg und in allen dingen auff Gotes willen und hailigung seines
namens. Frid: Wolan, so du dann gestehst, daß das ampt der obren, die Merum Impe-
rium haben, volkommen zü regieren seye, das boß abtreyben und das güt aufrichten,
soweyt die grentzen seind yedes gewalts und oberkaiten, Und das die Christen diß
ampt, wiewol es in durch die menschen wirdt zügestellet, nach dem willen Gottes
verwalten sollen: Welcher Christ künde dann, der solch ampt der j [X 4b] j oberkait
tregt, und ist im auch dasselbig on ainig verding 819 durch Kaiser. Majestat zügestellet,
mit gütem gewissen das allerergest arg, das Got vor allem will abgeschaffet haben, an
den orten, da er das schwert tregt, bleiben lassen und des hochsten gütens, das Got vor
allem will geforderet haben, nicht achten?
Sinnp: Ey, Got fordert von nyeman mehr, dann er im befolhen. Frid: Recht, so dann
solchen obren befolhen ist, in iren bannen 820 das boß zu straffen und das güt zü fürde-
ren, sollen sy es ye thün und nach dem willen Gottes thün. Sinnp: Ja, nach der maß, in
deren inen solcher gewalt zügestellet ist. Frid: Recht, die maß ist aber, soweyt das arg
zu straffen und abzuschaffen und das güt zu pflantzen und zu fürderen, soweyt die
grentzen raychen der oberkaiten, die yedem zügestellet seind.
Sinnp: Die geistlichen seind frey. Frid: Bewäre das, so hastu gewunnen. Das gegen-
thail vermügen alle recht, und Kai. Maje. gesteht dirs nicht. Ja, die pfaffen selb gestehn
dirs nicht. Lieber, frage sy, ob sy zü falschem Gottesdienst und verkereter leere ge-
freyet seyen. Du schmähest Kai. Maje., das du ir solliche befreyung zügibst. Sinnp:
S. 872h, §§ 23 h). Vgl. das Gutachten von Philipp von Hessen an Markgraf Georg von Bran-
denburg-Ansbach vom_2i. Dezember 1529. In: Das Widerstandsrecht als Problem der deutschen
Protestanten 1523—1546. Texte zur Kirchen- und Theologiegeschichte 10. Hg. von H. Scheible.
2. Aufl. Gütersloh 1982. S. 43—47.
815. s. oben S. 167, V 4b.
816. Was der recht befelhe Gottes seji der oberkait halb. [Marg.].
817. Vgl. Ro 12,9.
818. Vgl. Ro 13,1.
819. Vertrag, hier: einschränkende Bestimmungen.
820. Hoheitsgebieten; vgl. oben S. 168, Anm. 776.