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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0183
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DIALOGI

T79

policey fragen, die fallen doch von tag zu tag mehr dahin in ain üppigs flaischlichs
leben und achten der religion nichts zü allen thailen. Von Bäpstleren horen sy, wir
seyen ketzer, abtrinnigen, zerstorer alles güten. Sehen, das sy in dem der welt güt und
ehr zum hochsten haben, von uns horen sy, es sey kain grosser grewel vor Got dann der
; Bäpstler vermaineter Gottesdienst und das sy alle Gottes und der lieben hailigen vätter
ordnung zerrissen und gantz zünicht gemacht haben. Sehen, das die oberkait und der
mehrer tayl des volcks bey uns sich des tails862 haltet. 863Auß dem werden sy irr, nemen
von yedem tail an, das er den anderen tail verdammet, sagen, sy wollen ain weyl sich der
sachen zü beden thailen nichts annemen, biß man ains werde, das ist, sy wollen ain weyl
io sich unsers herrgots entschlagen und irs dings warten864, biß man sich gleychwol
vergleiche, wie man Gott dienen wolle.
865Disem volget gemainlich der jung hauf, wie dann solliche on das die flaischliche
list866 mehr treiben, und verwildet die welt in dem also jämerlich, das wir doch in der
warhait nichts gewissers zü gewarten haben — Gott wolle dann mit uns gar ain anders
15 machen, dann er ye und ye gethon —, dann den allererschrocklichsten undergang aller
gotsforcht und folgends — demnach an deren alles güts hanget — aller frümmkait, zucht,
erbarkait, trew, glaub, aller liebe und freündtschafft und darauf solche schwäre plagen
Gottes als die Gott über die welt ye geschickt hat. Dann der knecht, der des Herren
willen waißt und nit thüt, solle desto übler geschlagen werden867.
20 Frid: Hartmüt redt warlich recht darvon, und die sach ist noch vil erschrocklicher,
dann ain mensch ymmer mehr mochte außsprechen. Gedenck doch, mein brüder: So
wir Gott dienen sollen von gant^em hert^en, gant^er seelen, allen krefften^ und er uns
seinen dienst in seinem hailigen Evangelio so klar und hell leeret, das auch alle Creatu-
ren, die es nur begeren, auß sei- | [Y 4 b] | nen gnaden wol verstehn künden, wie ers
2; dann ye nit vergebens hat allen Creaturen zu predigen befolhen869, wa dann solliche
liebe Gottes bey uns wäre und nit die schwäreste verachtung Gottes mit gewalt bey uns
überhand neme, wie mochte doch ymmer gesein870, das uns die so erschrockliche
verkerung des gantzen Christenthumbs, die in den Bäpstlichen mißbreüchen so trutzet
und bochet871, als wenig bekümmeren solte?
30 Sinnp: Ich kan, lieben brüder, wol erkennen, das nichts gefahrlichers und erschrock-
lichers mag erdacht werden dann Got offenlich mit falschem Gotsdienst trutzen. So
sihe ich layder auch wol, wie es bey der Bäpstlichen pfaffhait, wenn man den gemainen
hauffen vom obersten biß zum understen ansicht, allerding irer personen, irer Kir-
chenübungen und der Kirchengüter halb, das ist, des vorraths der armen, des erbs des

862. Figürlich: so, in dieser Weise.
863. neutrales [Marg.].
864. Ihren eigenen Interessen nachgehen.
865. Verwildung der welt und schware straf Gottes gu gewarten. [Marg.].
866. Lüste.
867. Vgl. Mt 18,32 — 34.
868. Mk 12,30.
869. Vgl. Mt 28,19.
870. Geschehen.
871. Prahlt und trutzt; vgl. oben S. 177, Anm. 846.
 
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