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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0082
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Ulm

die Abtei dem Ulmer Magistrat, die Pfarrrechte innerhalb der Stadtmauern auszuüben.10 Der daraufhin aus
Stiftungen der Bürgerschaft finanzierte Bau des Münsters bot mehr als 10.000 Menschen Platz. Das Mün-
ster blieb die einzige Pfarrkirche der Stadt und unterstand zunächst weiterhin dem Reichenauer Abt.11 Bis
zum Ende des 15. Jahrhunderts konnte der Ulmer Rat seinen Einfluss auf die kirchlichen Verhältnisse der
Reichsstadt jedoch ausweiten. Er erlangte nicht nur das volle Verfügungsrecht über die Pfarrkirche und
nahezu die Hälfte der übrigen Benefizien,12 sondern überwachte durch die von ihm ernannten Pfarrkir-
chenbaupfleger13 - zwei Patrizier und einen Zunftherrn - auch große Teile des kirchlichen Vermögens in der
Reichsstadt.14
Um das Münster im Zentrum der Reichsstadt gruppierten sich zahlreiche Kirchen, Kapellen und Klö-
ster. Das Augustinerchorherrenstift St. Michael zu den Wengen,15 das 1402 geweiht worden war, ist die
älteste Ordensniederlassung. Daneben hatten die Franziskaner seit 1229 ein Kloster in Ulm.16 Sie betreuten
auch das vor der Stadt gelegene Klarissenkloster Söflingen.17 Außerdem beherbergte Ulm zwei Schwestern-
häuser, die so genannte Sammlung und die Regelschwestern beim Hirschbad.18 Neben den Dominika-
nern,19 die seit 1281 in Ulm ansässig waren, hatte sich auch eine Deutschordenskommende mit einer Eli-
sabeth-Kirche20 in der Donaustadt angesiedelt.21 Die Ulmer Sakraltopografie wurde durch Institutionen der
Sozialfürsorge vervollständigt. Hierzu zählte das Heilig-Geist-Spital, das seit 1419 unter städtischer Ver-
waltung22 stand, das Spital der Reichen Siechen zu St. Katharina, das Spital der Armen Siechen zu
St. Leonhard, das Waisenhaus (Fundenhaus), das Seelhaus sowie weitere „Brechenhäuser“, in denen
Kranke und Alte gepflegt wurden.23

10 Specker, Ulm, S. 52, 80; Geiger, Reichsstadt, S. 76f.;
Hoffmann, Münster, S. 378-382.
11 Zur Geschichte der Ulmer Pfarrei siehe Tüchle, Pfar-
rei, S. 12-38; Specker, Ulm, S. 80f.; Ernst, Pfarrkir-
che, S. 7-22.
12 Zu den zahlreichen Pfründen in Ulm siehe Geiger,
Reichsstadt, S. 89-92, 105-156; Tüchle, Münsteral-
täre, S. 126-182; Litz, Bekenntnis, S. 81-87; Specker,
Kirchenregiment, S. 69f. Zur spätmittelalterlichen
Frömmigkeit in Ulm siehe Boockmann, Kirchlichkeit,
S. 55-61.
13 Es amtierten jeweils drei Pfarrkirchenbaupfleger, darun-
ter Angehörige des Patriziats und der Zünfte. Sie waren
den Mesnern vorgesetzt und teilten mit diesen zusam-
men die Abfolge der Gottesdienste ein. Daneben waren
sie für Einziehung und Verwaltung des Kirchenguts ver-
antwortlich. Es ist eine 1393 beginnende Liste der Amts-
inhaber überliefert, siehe Specker, Ulm, S. 82 und
Anm. 303; ders., Kirchenregiment, S. 75f.
14 Zum weitreichenden Einfluss der reichsstädtischen
Obrigkeit auf das kirchliche Leben vor der Reformation
siehe Specker, Kirchenregiment, S. 69-71.
15 Ernst, Wengenkloster, S. 85-127; Specker, Augusti-
nerchorherrenstift, S. 49-88; ders., Ulm, S. 83-85; Gei-
ger, Reichsstadt, S. 78f.

16 Frank, Franziskaner und Dominikaner, S. 103-147.
17 Geiger, Reichsstadt, S. 79, 82; Specker, Ulm,
S. 88-90, 92; Frank, Söflingen, S. 163-199; Schulz,
Vom Kloster zur Reichsabtei, S. 36-43.
18 Frank, Franziskanerterziarinnen, S. 148-162; Schulz,
Sammlung, S. 15-22; Specker, Ulm, S. 90-92; Gei-
ger, Reichsstadt, S. 84f. und Anm. 48 und 58 mit wei-
terführender Literatur.
19 Specker, Ulm, S. 92-95; Frank, Franziskaner und
Dominikaner, S. 103-147; Geiger, Reichsstadt, S. 81f.
und Anm. 29 mit weiterführender Literatur.
20 Greiner, Deutschordenshaus, S. 3-70; Specker,
Kommende, S. 89-102; ders., Ulm, S. 86-88; Geiger,
Reichsstadt, S. 86f.
21 Weiterführende Literatur zur kirchlichen Struktur Ulms
vor der Reformation bei Litz, Bilderfrage, S. 92 Anm. 6.
22 Greiner, Spital, S. 78-156; Specker, Ulm, S. 99-101;
Geiger, Reichsstadt, S. 77 Anm. 5 mit weiterführender
Literatur.
23 Muschel, Spital; Kurz, Funden- und Waisenhaus,
S. 24-31; Specker, Ulm, S. 101-103. Einen Lageplan
der Ulmer Spitäler bietet Filtzinger, Ulm, Anhang
S. 3, Abb. 1.3. Siehe ebd., S. 118-122 auch zu den ein-
zelnen Institutionen.

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