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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0105
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Einleitung

Die in der Resolution gefassten Beschlüsse wurden offenbar nicht umgehend in die Praxis umgesetzt,
denn die Ulmer Prädikanten richteten am 23. November 1593 ein Schreiben231 an den Rat, worin sie etliche
beschwerliche unnd verderbliche mengel und unordnungen in Schule und Kirche kritisierten.

29. Ulmer Katechismus des Johannes Veesenbeck 1598 (Text S. 295)
Obwohl 1597 die jüngste Auflage von Ludwig Rabus’ Katechismus (Nr. 21) im Druck erschienen war,
erarbeitete der Ulmer Superintendent Johannes Veesenbeck zur selben Zeit ein eigenes katechetisches Lehr-
werk, dessen Aufbau jedoch Rabus’ Werk von 1561 folgte. Neben der Haustafel sowie Morgen- und Abend-
segen aus Luthers Kleinem Katechismus, die bereits in Rabus’ Katechismus Eingang gefunden hatten,
integrierte Veesenbeck auch alle weiteren Teile aus Luthers Katechismus.232 Veesenbecks Lehrtext weist
keine Vorrede auf, ist aber am Schluss um den Abschnitt „Christliche Unnderricht für Junge unnd Einfal-
tige Leuth“ sowie zwei Gebete erweitert. Ebenso wie Rabus’ Werk stellt auch Veesenbecks Katechismus
eine Verbindung des lutherischen mit dem brenzischen Lehrtext dar. Zudem griff Veesenbeck in einzelnen
Fragen auf den Wortlaut des Textes seines Vorgängers von 1561 zurück.233
Im August 1598 wurde allen Pfarrern und Lehrern ein Exemplar des neuen Katechismus zugestellt mit
der Anweisung, künftig ausschließlich diesen zu gebrauchen.234 Wie aus der Vorrede des 1616 gedruckten
Katechismus von Konrad Dieterich hervorgeht, ließ man die lutherisch geprägten Bestandteile in Veesen-
becks Lehrtext in der Praxis jedoch vielfach beiseite.235

30. Eheordnung 12. November 1600 (Text S. 307)
Zahlreiche Modalitäten zur Eheschließung hatte der Ulmer Rat bereits 1565 (Nr. 22), in der Zuchtordnung
von 1558 (Nr. 20) sowie im Mandat zur Verwandtschaftsehe von 1572 (Nr. 25) geregelt. Ein fortwährendes
Problem scheint jedoch die heimliche Eheschließung Minderjähriger gewesen zu sein. Zahlreiche junge
Leute hatten die Ehe geschlossen, ohne dass sie die materiellen Möglichkeiten besaßen, eine Familie zu
ernähren. Viele von ihnen waren daher weiterhin von ihrer Verwandtschaft oder dem öffentlichen Almosen
abhängig. Am 12. November 1600 schärfte der Rat unter Bezug auf die 1581 erneuerte Zuchtordnung
erneut ein, dass Minderjährige (Frauen unter 22, Männer unter 24 Jahren) sich ohne Zustimmung ihrer
Eltern oder Vormünder nicht verheiraten durften.236 Daneben mussten die Heiratswilligen vor den Stadt-
rechnern ihr Vermögen deklarieren und deren Einverständnis einholen.

231 „Verbösserung der lateinischen schuolordnung, durch die
herrn vom ministerio bedacht, item ettlicher kürchen
sachen“ mit „Appendices“, StadtA Ulm A [1905], Dieses
Bedenken wurde von Johannes Veesenbeck, Balthasar
Kerner, Samuel Neuhäuser, Balthasar Vogt, Jodokus
Preisenstein, Leonhard Hutter und David Beckeler
unterzeichnet.

232 Luthers Katechismus wird hier nicht abgedruckt, siehe
unten, S. 298 Anm. 10.
233 Haller, Katechismusliteratur 1906, S. 51-56.
234 Ebd., S. 55.
235 Ebd.
236 Über das genaue Alter der Brautleute gaben die seit 1561
geführten Taufbücher Aufschluss, siehe Specker, Ulm,
S. 149; Fritz, Kirchengeschichte 1931, S. 205.

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