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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0109
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1. Almosenordnung 1528

Von hilff aines armen, der benötigt ist, Von tragen der zaichen und
oder ainer kindtbetherin vermeidung der würtsheuser

6. Trüeg sich dann zu, das etwan an den tagen, so
die verordneten inn dem heußlein nicht sässen,
kindtbetherin oder ander personen nider oder zu
beth khämen, die hilff notdürfftig weren | 467v | und
des sambstags nicht erwartten khönden, wann dann
dieselben bey ainem auß den verordneten dermassen
ansuchen, so sollen die, so also angesucht, denselben
armen ain tag oder zwen nach anzahl ihrer gepii-
rung, so ihnen nachmahln von den herrn zugeben
geschöpfft oder taxiert werden möcht, helffen, da-
mit die armen nicht mangel haben. Wann dann die
drey herren nachmahlen zusammen khommen, soll
denselben wie andern armen personen nach gelegen-
heit ihrer gewün9, kranckhaiten oder kinder zimlich
hilff auch taxiert und geben werden.
Von erfarung der armuth
7. Item, wann füran arm leuth inn der statt, die das
almusens notdürfftig weren, zu den gemelten herren
(das an dem montag beschehen soll) inn das heußlin
khommen und den ir armuth aller end mit allen not-
dürfftigen umbstenden anzaigen, so sollen die her-
ren dieselben alsdannr aigentlich fragen, was ir ge-
wün, mit was kranckhait sy beladen seyen und wie-
vil sy kinder haben. Was ihnen nu also von densel-
ben personen jederzeits angezaigt wirdet, das sollen
sy durch ihren verordneten knecht mit höchstem
und bestem fleiß, ob derselben angeben wahr oder
erdicht, erfahren lassen und dann nach gründtlicher
erfahrung ainem jeden ain tax von schmaltz, brodt
oder zimbis10 geben oder benennen, wie sich nach
gestalt aines jeden wesens und ihrem gutbedun-
ckhen nach zuthun gepürt und die notturfft ervor-
dern wirdet. Aber der kindtbetherin und kranckher
leuth halb soll es wie inn dem driten artickhel, hie-
nach gemelt11, gehalten werden.

r D: allso dann.
s C: jeder.
9 Einkünfte, finanziellen Lage.

8. Welchen personen nu von disem almusen obgelau-
ter weise geben oder geholffet wirdet, sy seyen fra-
wen oder mann, die sollen das zaichen, von ainem
erbarn rhat derhalben verordnet (sy darbey als bett-
ler zu erkhennen), täglich und offenlich tragen, auch
alle dieweil sy oder ire kinder dasselbig almusen ein-
nemmen oder empfahen, inn khain würtshauß gehen
|468r | und bey nachvolgender peen khain spil thun.
Dann welche die schiltt vorgelauter weise nicht
trüegen, sollen umb yedes uberfahren vierzehen tag
den nechsten nach solcher uberfahrung des almusens
beraubt und ihnen ernante vierzehen tag nichts ge-
geben werden. Welche aber die schiltt gevärlicher,
aufsetziger und betrüeglicher weise nicht tragen
sonder hinlegen, inn die würtsheuser gehen oder ai-
nich spil thun würden, sollen die mann inn den kel-
ler und die frawen inn das narrenheußlin yedes uber-
farens gelegt und gestrafft werden.
Von dem gewaltt der hilff und straff, so auf
die herren gesetzt ist
9. Wo aber khindtbetherin oder kranckh leuth, die
khain arbait thun oder volbringen möchten, verhan-
den weren, denselben mag man nach gutbedunckhen
der verordneten herrn hilff nicht allein mit
schmaltz, brodt und zimbis, sonder auch mit geltt
thun dergestalt, wa ainem, er sey burger oder bey-
wohner, der der hilff des almusens notdürfftig, sein
weyb kindts geniset, der soll vorgelauter weise zu
den verordneten inn das heußlin khommen unnd als
dann auf gründtlich erfahrung derselben khindt-
betherin, ob sy schon hievor inn dem almusen nit
begriffen were, ein monat lang mit geltt, schmaltz,
ayer, brodt und zimbis hilff beschehen. Wo die aber
nach außgang des monats noch schwach oder
blöd12 weren, soll denselben biß inn fünff, sechs oder
siben wochen nach gelegenhait irer kranckhait das
10 Eine kleine Mahlzeit, vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 2064.
11 Siehe unten, Artikel 10 „Von denen, so inn den spittal
gehören“.
12 Gebrechlich, krank.

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