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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0118
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Ulm

ain Straßburgisch6 , der ander Nürnbergisch7, der
dritt ain Eyßlebisch8, etc. für sich hett. Darumb,
lieben frummen Christen, laßt uns die reichlich an-
bietung der erkantnuß Gottes nitt in wind schlagen,
sonder mit frölichem, danckbarem hertzen annemen
und diß büchlin uns und unsern kindern fleissig für-
halten. Dann mich bedunckt, das auch under uns al-
ten noch gar mancher sey, der seines glaubens
schlechte rechenschafft solt wissen zugeben Oder
sein aygen gewissen auß grund der schrifft berichten,
wie dann ainem yeden Christen von nötten ist, wider
Todt, Welt, Teuffel und Hell stätz gewapnet und ge-
rüst zuston und wachen. Fürnemlich aber laßt uns
sorg haben, das solchs in die kinder getriben werd,
Ob vileicht Gott den selben mer genad wollt geben
dann uns alten, die in der blindhait des Bapstumbs
übel zogen und verderpt seind worden. Solchs wirt
aber, dieweil nit ain yeder vater geschickt ist zuleren,
| unkündenhait oder unmuß halb, am bequemlichi-
sten in den schulen geschehen9. Darumb wirt man
die kinder deßt fürderlicher zu den selben müssen
halten. Es sollen auch alle schulmaister, die Christen
wöllen sein, gedencken, das inen nitt ain klainer tayl
der pflantzung des weingartens10 des Herren und
reychs Christi in dem fal befolhen ist, und deßhalb
sehen, das sy mit irem pfund dem Herren trewlich
wuchern11, welches ich dann mir selbs (ists Gottes
will) auch will lassen gesagt sein unnd fürhin mit
höchstem fleyß, wie ich verhoff, auch bißher von mir
geschehen sein, nitt allain diß büchlin, sonder auch
alle andere Göttliche schrifft nach gelegenhait der
zeyt unnd fässigkait12 der jungen fürgeben und lee-
ren und dasselbig durch grund der sprachen.
Dann also befind ich, aufferzogen und geleert
sein grosse hailigen der schrifft, Nämlich Solomo,

6 Wolfgang Capitos Kinderbericht von 1527, Abdruck bei
Cohrs, Katechismusversuche 2, S. 100-201, vgl. ders.,
Katechismusversuche 3, S. 78 Anm. 1.
7 Andreas Althamers Katechismus von 1528, vgl. Cohrs,
Katechismusversuche 3, S. 78 Anm. 1, Abdruck ebd.,
S.16-39.
8 Johann Agricola (1494-1566) verfasste 1527 in Eisleben
einen Katechismus: „Elementa pietatis congesta: Christ-
liche Kinderzucht in Gottes Wort und Lehre“, Abdruck
bei Cohrs, Katechismusversuche 2, S. 3-83. Möglicher-
weise sind aber auch Agricolas „Hundertdreißig Frag-

von deß weyßhait alle welt sagt, von dem stat ge-
schriben, 2. Samue. 12 [25], das in David hat gethon
under die hand des Propheten Nathan. Nitt, sagt
die schrifft, das er in hab gethon under die hand
aines glatten, schmaychlerischen hoffschrantzen,
der im von jugent auff kientzlete [!], Junckher-
schafft, hochmut und weybisch hoffgebreng lerte,
wie wir unnsere kinder gnaygt sein zu lernen, mai-
nen auch, es sey kain ander zucht, Sonder under den
frummen Gottsäligen man, von dem er auß dem
Gotts gesatz lerte Gotts forcht (welliches ist ain an-
fang der Weyßhait)13, Gerechtigkait, Beschayden-
hait, Redtlichait unnd Warhait, Welches dann die
rechtgeschaffnen tugenden seind, so ainem Christen
gezymmen unnd wol ansteend, wie | Er sy selbs er-
zelet, Proverbi 114. Es rümpt sich auch der hoch
Apostel Paulus, das er das Gsatz Gottes, ain junger
zu den füssen Gamalielis, des Schulmaysters, geler-
net hab15. Gleicher gestalt lobt und ermant er seinen
junger Timotheum gar mit schönen wortten, 2. Ti-
mo. 3 [14-17]: Du aber bleib in dem, das du gelernet
hast, dieweyl du von jugent auff hailige geschrifft
wayssest, kan dich die selbig weyß machen zur sä-
ligkait durch den glauben an Christo Jesu. Dann
alle schrift, von Gott eingeben, ist nutz zur leer, zur
straf, zur züchtigung, zur underweisung in der ge-
rechtigkait, das ain mensch Gottes sey on allen wan-
del, geschickt zu allem gutten werck. Ist nun die
geschrifft ain solcher schatz, auß dem solche frucht
und weißhait kumpt, wie sy auch David lobt und
preyset, Psalm 19 [8-9]: Das Gesatz des Herren ist
volkommen unnd machet rüwig die seel, Die zeug-
knus des Herren, gewyß, gibt weyßhait den kindi-
schen, Die bevelch des Herren, richtig, machen frö-
lich das hertz, Die gebott des Herren, rayn, erleuch-

stücke“ gemeint, Cohrs, Katechismusversuche 2, S. 78
Anm. 1.
9 Siehe unten, S. 138, den Abschnitt „Von Schulen“ in der
Kirchenordnung.
10 Vgl. Joh 15,5.
11 Mt 25,14-30; Lk 19,12-27.
12 Auffassungsgabe.
13 Ps 111,10.
14 Spr 1,1-7.
15 Apg 22,3.

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