2. Ulmer Katechismus des Konrad Sam 1528/1536
worffen | D5v und sagt: Meine wort sind gaist und
leben61. Das ist, sie reden von gaistlichem essen und
trincken und von dem, das lebendig macht, welchs
geschicht innwendig durch den glauben, auff das
verhaissend wort Christi, das er sein leib und blut in
todt für unser sünd geben hab. Das hertzlich glau-
ben haißt, warhafftig, aber nit leiblich, sonder
gaistlich sein leib und blut niessen und in die seel
empfahen (dann was leiblich und dem gotlosen ge-
mein ist, mag nit geist und leben sein). So ist auch
die leiblich und rhäumlich gegenwertigkait Christi
im brot oder wein des Herrn Nachtmals wider die
drey Artickel unsers alten ungezweyffelten glau-
bens: Auffgestigen ist zu den himmeln, sitzet zur ge-
rechten gottes, des almechtigen vaters, Dannenher
er kommen würt, zu richten die lebendigen und die
todten62. Auch sagt der herr offt im Evangelio Jo-
annis zu seinn jüngern: Es ist nütz, das ich hingehe,
verlasse die welt63.
Frag: Warzu sind dann im nachtmal von Christo die
zaichen und Sacrament brot und wein verordnet
worden?
Ant.: Der Herr |D6r| pflegt die gaistlichen ding
durch leibliche zaichen fürzubilden, auf das unser
trägkait dester mehr bewegt werde. Also will der
Herr durch die zaichen Brot unnd weyn anzaigen,
wie der mensch on sein leibliche speyß und tranck
nit leben kan und aber durch solch leibliche speiß zu
allem seinem thun erhalten, gesterckt und lustig ge-
macht würt, das also niemandt des ewigen lebens,
das ist aines recht hertzlichen vertrawens zu got,
auß dem dann alles ewigs gut folget, anders dann
durch seinen leib und blut, das ist, seinen todt, ver-
dienst, gaist, krafft, art und leben, thailhafftig wer-
de, in demselbigen bestähn oder fürfaren möge.
Frag: Was sagstu aber, liebs kindt, zu den hellen,
dürren worten Christi „Das ist mein leyb, Diß ist
mein blut“?
61 Joh 6,27.
62 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
63 Vgl. Joh 8,21-29; 12,20-36; 14,1-14; 16,16-20.
64 Passah, vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 521.
65 In Augustinus’ Werk finden sich zahlreiche Parallelset-
zungen von Christus und Felsen, als Beispiel sei genannt
Antwort: Dieweil niemandt ist, der da wölle,
daß das brot und der leib Christi ain ding natürlich
seien oder das der leib und blut des Herrn inß brodt
oder in den bauch rhäumlich verschlossen werde, So
wirt auch niemandt rechtgläubig sagen, das der
Herr den sei-| D6v| nen nichts dann brot und wein
geben hab, Sonder würdt gemainglich bekent, das
brot und wein andere ding seien der natur nach
dann der leib und das blut des Herrn, und nichts
dester minder Christus den seinen mit wort und zai-
chen sein waren leib und blut zur gaistlichen speiß
in das ewig leben geschenckt und übergeben habe.
Daraus folget, das die red „Das ist mein leib,
Das ist mein blut“ Sacramentliche, das ist, ein be-
deutliche red sey auff dise mainung: Diß brot und
diser wein bedeutten mein leib unnd blut, Eben wie
im alten Testament geschriben stähet, Exod. am 12.
[27]: Es ist das Passahopffer. Das ist sovil geredt: Es
bedeut das Passah oder überschrit64. Also im newen
Testament sagt Paulus, 1. Corin. 10 [4]: Der felß
war Christus. Das ist, der felß bedeuttet Christum.
Solch außlegung und verstandt ist nit new, sonder
die alten lerer haben es auch also verstanden und
außgelegt, Als Augustinus65 an vil orten und andere
mehr, Aber nit der maynung, das allein im Nacht-
mal blosse zai-| D7r | chen on den leib und blut des
Herrn geben werden.
Frag: Wie sol sich der mensch zum Nachtmal des
Herrn schicken?
Ant.: Er sol sich, wie Paulus lert, selbs wol er-
faren unnd beweren66, Das ist, sein hertz und gemüt
ersuchen und empfinden bey im selbs, das er allen
trost seins gewissens und zuversicht zu Gott daher
habe, das Christus, sein Herr, auch für ihn sein leyb
und blut gegeben und also auch im dieselbigen zur
speiß und tranck des ewigen lebens schenck und ge-
be, Probier auch sich selbs, ob er mit allen gläubigen
ain mitglid sey, den er, allen zu dienen und guts zu
„Petra erat ipse Christus, ille autem a petra Petrus. Ideo
surrexerat petra, ut firmaret Petrum: nam perierat
Petrus, nisi viveret petra“, Sermo CCXLIV, PL 38,
Sp.1148.
66 1Kor 11,28.
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worffen | D5v und sagt: Meine wort sind gaist und
leben61. Das ist, sie reden von gaistlichem essen und
trincken und von dem, das lebendig macht, welchs
geschicht innwendig durch den glauben, auff das
verhaissend wort Christi, das er sein leib und blut in
todt für unser sünd geben hab. Das hertzlich glau-
ben haißt, warhafftig, aber nit leiblich, sonder
gaistlich sein leib und blut niessen und in die seel
empfahen (dann was leiblich und dem gotlosen ge-
mein ist, mag nit geist und leben sein). So ist auch
die leiblich und rhäumlich gegenwertigkait Christi
im brot oder wein des Herrn Nachtmals wider die
drey Artickel unsers alten ungezweyffelten glau-
bens: Auffgestigen ist zu den himmeln, sitzet zur ge-
rechten gottes, des almechtigen vaters, Dannenher
er kommen würt, zu richten die lebendigen und die
todten62. Auch sagt der herr offt im Evangelio Jo-
annis zu seinn jüngern: Es ist nütz, das ich hingehe,
verlasse die welt63.
Frag: Warzu sind dann im nachtmal von Christo die
zaichen und Sacrament brot und wein verordnet
worden?
Ant.: Der Herr |D6r| pflegt die gaistlichen ding
durch leibliche zaichen fürzubilden, auf das unser
trägkait dester mehr bewegt werde. Also will der
Herr durch die zaichen Brot unnd weyn anzaigen,
wie der mensch on sein leibliche speyß und tranck
nit leben kan und aber durch solch leibliche speiß zu
allem seinem thun erhalten, gesterckt und lustig ge-
macht würt, das also niemandt des ewigen lebens,
das ist aines recht hertzlichen vertrawens zu got,
auß dem dann alles ewigs gut folget, anders dann
durch seinen leib und blut, das ist, seinen todt, ver-
dienst, gaist, krafft, art und leben, thailhafftig wer-
de, in demselbigen bestähn oder fürfaren möge.
Frag: Was sagstu aber, liebs kindt, zu den hellen,
dürren worten Christi „Das ist mein leyb, Diß ist
mein blut“?
61 Joh 6,27.
62 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
63 Vgl. Joh 8,21-29; 12,20-36; 14,1-14; 16,16-20.
64 Passah, vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 521.
65 In Augustinus’ Werk finden sich zahlreiche Parallelset-
zungen von Christus und Felsen, als Beispiel sei genannt
Antwort: Dieweil niemandt ist, der da wölle,
daß das brot und der leib Christi ain ding natürlich
seien oder das der leib und blut des Herrn inß brodt
oder in den bauch rhäumlich verschlossen werde, So
wirt auch niemandt rechtgläubig sagen, das der
Herr den sei-| D6v| nen nichts dann brot und wein
geben hab, Sonder würdt gemainglich bekent, das
brot und wein andere ding seien der natur nach
dann der leib und das blut des Herrn, und nichts
dester minder Christus den seinen mit wort und zai-
chen sein waren leib und blut zur gaistlichen speiß
in das ewig leben geschenckt und übergeben habe.
Daraus folget, das die red „Das ist mein leib,
Das ist mein blut“ Sacramentliche, das ist, ein be-
deutliche red sey auff dise mainung: Diß brot und
diser wein bedeutten mein leib unnd blut, Eben wie
im alten Testament geschriben stähet, Exod. am 12.
[27]: Es ist das Passahopffer. Das ist sovil geredt: Es
bedeut das Passah oder überschrit64. Also im newen
Testament sagt Paulus, 1. Corin. 10 [4]: Der felß
war Christus. Das ist, der felß bedeuttet Christum.
Solch außlegung und verstandt ist nit new, sonder
die alten lerer haben es auch also verstanden und
außgelegt, Als Augustinus65 an vil orten und andere
mehr, Aber nit der maynung, das allein im Nacht-
mal blosse zai-| D7r | chen on den leib und blut des
Herrn geben werden.
Frag: Wie sol sich der mensch zum Nachtmal des
Herrn schicken?
Ant.: Er sol sich, wie Paulus lert, selbs wol er-
faren unnd beweren66, Das ist, sein hertz und gemüt
ersuchen und empfinden bey im selbs, das er allen
trost seins gewissens und zuversicht zu Gott daher
habe, das Christus, sein Herr, auch für ihn sein leyb
und blut gegeben und also auch im dieselbigen zur
speiß und tranck des ewigen lebens schenck und ge-
be, Probier auch sich selbs, ob er mit allen gläubigen
ain mitglid sey, den er, allen zu dienen und guts zu
„Petra erat ipse Christus, ille autem a petra Petrus. Ideo
surrexerat petra, ut firmaret Petrum: nam perierat
Petrus, nisi viveret petra“, Sermo CCXLIV, PL 38,
Sp.1148.
66 1Kor 11,28.
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