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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0342
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Esslingen

der Obrigkeit hausväterliche Funktionen zuschrieb, hatte er 1534 in Straßburg bei Matthias Apiarius109
drucken und an alle Esslinger Haushalte verteilen lassen.110

18. Artikel für den deutschen Schulmeister [1534] (Text S. 381)
Bereits lange vor Einführung der Reformation gab es in zahlreichen südwestdeutschen Reichsstädten
Lateinschulen, seit dem 13. Jahrhundert auch in Esslingen.111 Im Gegensatz dazu waren deutsche Schulen
vor der Reformation selten. In Esslingen lässt sich erstmals 1519 ein deutscher Schulmeister nachwei-
sen.112 Ein Anliegen der Reformatoren war, die Kindererziehung in die Hand von Elternhaus, Kirche und
Schule zu legen. Mit Hilfe deutscher Schulen sollten die Kinder in ihrer Muttersprache an die evangelische
Lehre herangeführt werden. Der Esslinger Theologe Jakob Otter113 entwarf 1534 zehn Artikel für den
deutschen Schulmeister - die erste Ordnung für die deutsche Schule in Esslingen.114 Die Anweisungen zielen
auf die Vermittlung der evangelischen Lehre: Der Schulmeister soll den Kindern den Katechismus beibrin-
gen, mit ihnen den Gottesdienst besuchen und sie in sämtlichen evangelischen Glaubensgrundsätzen unter-
weisen.115 Auf der Grundlage der von Otter entworfenen Ordnung basierte auch die anderthalb Jahrhun-
derte später ausgearbeitete umfangreiche Schulordnung.116

19. Ordnung für die Konventualen im Barfüßerkloster 6. September 1535 (Text S. 382)
Nach Zusammenführung der Konventualen im Barfüßerkloster (Nr. 16) erließ der Rat eine detaillierte
Ordnung, mit der das Leben der Mönche reglementiert wurde. Es sind zwei Exemplare dieses Textes über-
liefert. Bei demjenigen des Stadtarchivs Esslingen findet sich als Archivvermerk die Jahreszahl 1532, mög-
licherweise stammt der Entwurf bereits aus diesem Jahr. Das andere Exemplar, das sich heute im Staats-
archiv Ludwigsburg befindet, datiert vom 6. September 1535. Erlassen und angewendet wurde die Ordnung
also erst in diesem Jahr. Die Konventualen sollten nach Möglichkeit das Kloster verlassen und hierfür ein
Leibgeding erhalten. Diejenigen, die nicht gehen wollten, erhielten ebenfalls eine jährliche Summe für
Kleidung und Nahrung zugeteilt. Die verschwenderische Haushaltung sollte eingedämmt und das geistliche
Leben - Lektüre, Gebete und Andachtszeiten - neu reglementiert werden. Den Konventualen wurde ein
Prädikant zugeteilt, der sie in der evangelischen Lehre unterweisen und zum Klosteraustritt bewegen
sollte.117 Diese Maßnahmen hatten schließlich Erfolg: Ein Großteil der Konventualen verließ das Kloster.
1538 waren nur noch zehn Mönche in der Stadt.118

20. Mandat zu Eheeinsegnungen 20. Juni 1535 (Text S. 384)
Bereits in der Zuchtordnung vom Januar 1532 (Nr. 5) war beschlossen worden, dass Eheschließungen in
anngesicht der kirchen bestettigt und volnzogen voerden sollten.119 Der Rat hatte sein Kirchenregiment damit

109 Zu Matthias Apiarius (Biener) siehe Reske, Buchdruk-
ker, S. 886; Benzing, Buchdrucker, S. 445.
110 Schröder, Kirchenregiment, S. 125.
111 Seit Mitte des 15. Jahrhunderts unterstand die Schul-
meisterpfründe dem Patronat des Rates, Schröder,
Kirchenregiment, S. 46.
112 Böhringer, Schulen, S. 17; Scheyhing, Stiftungen,
S. 111.
113 Zu Otter siehe oben, S. 317 Anm. 68.
114 Böhringer, Schulen, S. 17; Schröder, Kirchenregi-
ment, S. 350; Mayer, Schulwesen, S. 232.

115 Bernhardt, 450 Jahre, S. 172.
116 Dieses Regelwerk, das nicht überliefert zu sein scheint,
ist nicht datiert, stammt jedoch aller Wahrscheinlichkeit
nach von 1686, da das Ratsprotokoll für dieses Jahr die
Publikation einer revidierten Ordnung für die Schulen
verzeichnet, Böhringer, Schulen, S. 18.
117 Bernhardt, 450 Jahre, S. 150f.
118 Krabbe/Rublack, Akten, Nr. 204.
119 Siehe unten, S. 350.

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