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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0399
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17. Ordnung zum Besuch der Predigtgottesdienste 1534

mit den widerwertigen, angesehen, das bapstumb so
tyeff by unns allen ingewurtzelt, gueter hoffnung, sy
wurden Gott umb gnad angesucht unnd mit der
zeyt sich selbs willigklich in den hanndell begeben
haben, wie es den woll sein solt, so wir in der war-
hait begerten, christenleut zu synn, als wir unns
rhumen. Nun wir aber teglich erfaren, das nit sein
will unnd unnser nachlassen zu schwerer gots leste-
rung unnd enntlich zu grossem unrath der ganntzen
gemaindt raichen möcht, können wir lennger nit zu-
sehen, sunder wie wir auß Gottes befelch3 unnd von
ampts wegen schuldig seind, nit allain vätter zusein
133r | unnser unnderthonen in zeyttlichem regi-
ment, sovil leyb, eer unnd gut betrifft, sunnder auch
unnd vill mer der seelen haill halb, also das alle fal-
sche leer sovil muglich ußgerutet, alle gotslesterung
abgeschafft unnd yederman zu erkantnuß der war-
hait gefurdert werde, deshalben ist unnser ernnst-
lich ermanung unnd wolwollen, das alle unnsere
unnderthonen, sy seyen gaistlich oder weltlich, weib
oder man, so leybßhalb vermuglich, zum wenigsten
am suntag unnd feyrtagen sich befleyssen, die off-
nen predigen zubesuechen, ein yedes nach seiner ge-
legenhait aine oder mer, uff das yederman in disen
geferlichen zeyten uff die gsunde leer und rechten
gotsdienst gewysen unnd vor der lugnen unnd fal-
schen gotsdienst gewarnet werde.
Zum anndern. Wa aber dise unnser getrewe er-
manung unnd fordrung an ettlichen personen nichts
verfahen wurde, des wir unns doch kains wegs ver-
sehen, dyeselbigen, sy seyen, were sy wellen, die auff
irem bösen furnemen wolten beharren unnd gar kain
predig hören oder mit geferden4 sich derselbigen eus-
seren, sollen durch die zuchtherren beschickt unnd
mit ernst ermanet werden, von irem furgenumnem
halßstarck abzusteen, damit sy in dem hanndel Got-
tes unnd ieres hailß sich selbs nit versummen unnd
von der oberkait nit als ungehorsam angesehen
unnd gestrafft werden. Es möcht aber yemandt den
zuchtherren mit so ungeschickter anntwurt begeg-
nen, wir wurden unns der sach weyther beladen.
Zum drytten. Wo den yemandt funden wurde,
e B: wie.
3 Vgl. Rö 13,1-5.

der ain mangel het der leer oder predicanten halb,
sollen alßdan |133v | die predicannten beschickt wer-
den unnd in gegenwurtigkait der zuchtherren den
mangel horen unnd deß glaubenns rechenschafft von
ainem sollchen fordern, demnach aller gestalt hann-
dlen wie die not erfordert, mit aller fruntlichhait
unnderweysen und ermanen, uff das sich niemandt
mög beclagen unnd in alle weg nach Gottes befelch
gehanndelt werde, dann wir je genaigt seind, yeder-
man zuhelffen unnd niemant zuversaumen. Wo aber
solchs alles vergebens und umbsunst sein wurdt,
mag alßdann ain ersamer rath woll wissen, sich nach
gelegenhait weyter zuhalten.
Zum vierdten. So dann ainem yeden vatter unnd
hausßvatter zusteet, seinem hauß wol furzusteen,
fur seine khinder unnd gesynn sorg zutragen, damit
das jung volck nit versumt, zu Gottes forcht unnd
rechtem leben uffgezogen werde, wellendt und ord-
nent wir, das alle vätter und haußvatter ire khinder
unnd gesynn, so zum verstanndt und iren tagen ku-
men sind, zu zymlichen zeyten, namlichen am sun-
tag unnd feurtagen, auch so man den kinder be-
richt5 pfligt zuhalten, zu den predigen sovil muglich
furdern wellen.
Zum funnfften. Dieweil ettlich so ungotsforchtig
unnd mutwillig leut funden werden, die offentlich
unnd haimlich auf der gassen unnd in heusern, in
offnen zechen unnd by geselschafften, wo sy ires-
gleichen haben mögen, schimpflich, leichtfertigk-
lich, ja auch gotzlesterlich pflegen zureden |134r|
von dem hanndell Gottes, von hailligen sacramen-
ten, vom hailligen evangelio, von den hailligen unnd
loblichen breuchen der kirchen, von der zuchtord-
nung, so ain oberkait furgnumen hat6 unnd derglei-
chen, wellend und ordnent wir, das ain yettlichs
unnser unnderthonen, es sy weib oder man, gaistlich
oder weltlich, es ganng zu predig oder nit, so in sol-
chen laster erfunden wurd, von den zuchtherren sol
beschickt unnd nach gelegenhait gestrafft werden.
Zum Sechsten. Wo auch yemandt funden wurd,
der annder leyt von den offnen predigen unnder-
stunde abzufueren unnd zuverweysen, es were
4 Mit List.
5 Katechismusunterricht.
6 Siehe oben, Nr. 5.

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