Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0401
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
18. Artikel für den deutschen Schulmeister [1534]

18. Artikel für den deutschen Schulmeistera
[1534]
Artickel, so eynem dutschen schulmeister furgehalten mogen werden

1. Er sol sich beflyssen, die kinder zu underwysen
und uffzuziehen in gottesforcht, zucht und erberkeit
lut des heilgen evangelionß und der teglichen pre-
digen.
2. Die kinder sollen mit hochstem flyß und ernst
angehalten werden, eyn yetlichs nach syner art, mit
schryben und lesen, mit rechnen und andern schul-
rechten nach der ältern begeren.
3. Der schulmeister sol sich mit leer und gantzem
leben allergstalt halten, domit die kinder kein böß
exempel von im nemmen, wie sich gezympt eynem
christlichen, getruwen lermeister.
4. Die fragstuck, klein und groß kinderbericht1, sul-
len in der schul in steter übung gehalten werden und
den kindern furgegeben zu buchstaben und lesen an
stat der nammen buchlin2, ehe denn sy andere brieff
oder bucher angryffen.
5. Er sol die kinder mit flyß zu predigen füren, nam-
lich am suntag und uff mitwoch zum kinderbericht.

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Esslingen, Reichs-
stadt, F. 224. Abdruck: Krabbe/Rublack, Akten,
Nr. 188.

1 Jakob Otter hatte 1532 einen Katechismus für Esslingen
verfasst. Abdruck: Reu, Süddeutsche Katechismen,
S. 360-382. Zu Otter siehe S. 317 Anm. 68. Möglicher-
weise ist hier jedoch auch Luthers kleiner und großer
Katechismus gemeint.
2 In Namenbüchlein waren elementare Wörter („Namen“)
aufgelistet. Diese wurden häufig Katechismen ange-
hängt, so etwa dem Brenz-Katechismus, vgl. Weis-
mann, Katechismen, S. 721, 726f., 735f., 743; Arend,
Schulordnungen. Vgl. oben, S. 47 Anm. 3.

6. Den kinderbericht, so offt in die ordnung bedref-
fen wurt3, sol er mit synen kindern ordenlich verse-
hen.
7. Er sol die kinder wol uben in zehen gebotten4,
glauben5, vatter unser6, sacramenten, in psalmen
singen und derglychen, wie die buchlin der fragstuck
ußwysen.
8. Das groß fragstuck sol mann lesen, das klayn sol
man ußwendig lernen.7
9. Andreß8 sol syne kinder am suntag zu den Bar-
fussern9 furen am morgen, und so manß ann in for-
dern wurt, die selbig stund ouch mit gsang versehen.
10. Ein yetlicher schulmeister sol sich in allweg ge-
horsam erzeygen den visitatoribus, nach dem sy im
zu allerzyt nach gelegenheit befelch und ordnung
werden furhalten.

3 Offensichtlich gab es in Esslingen ein rotierendes Sy-
stem, wonach nicht nur der Schulmeister, sondern auch
die Prediger den Katechismusunterricht erteiltenen. Zur
deutschen Schule in Esslingen vgl. auch Böhringer,
Schulen; Mayer, Schulwesen, S. 232f.
4 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
6 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
6 Mt 6,9-13.
7 Vgl. Anm. 1.
8 Der Schulmeister Andreas.
9 In die Kirche des Franziskanerklosters.

381
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften