Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Biberach an der Riß

2. Zucht- und Eheordnunga
1531b
cWir, burgermaister unnd rathe der stat Biberach, haben Got, dem almechtigen, ze lob unnd eern, zu abstell-
unnd wenndung nachfolgennder ubel, schand, laster unnd sünden alhie bey unns in unnserem dorf N. unnd
N. (doch uff unnser wider abthun, mindern, mern unnd verbessernn) einsehen gethon, ordnungc, satzung
unnd straffen fürgenomen, gesatzt, gemacht unnd beschlossenn in form unnd gestalt, wie aigentlich
nachfolgend, dem also ist, etc.:
eErmanung zu warer cristenlicher religion fer unnd embsikait darin zuyeben, so wölle ain yeder
unnd gotesdienst inn sich selbs gon, dise veterliche warnung unnd er-
manung nit alain nit verachtenn, sunder mit besu-

Dieweil der menschen leben auff erden nichts anders
dan ain pilgerschafft unnd streit unnd also zum hi-
milischen unnd ewigen mehr dan zum zergengk-
lichen von Got verordnet ist1, unnd aber der inwen-
dig mensch alain durch das wort Gotes zum ewigen
leben erbawen unnd erhalten würdt, so hat menigk-
lich zu erachten, wie schedlich, ergerlich, verderb-
lich unnd verweislich es sey, an der verkündigung,
anheren unnd besuchung der lere des hailigen evan-
gelii unnd annder cristenlichen kierchen yebungen
treg, semlich2 unnd hin- |14v | lessig zesein, das es
auch zu ainer sondern verachtung der gemaind Go-
tes raicht, davon ain yeder hie unnd dort zu seiner
zeit gar schwere rechenschafft geben mus. Demnach
ermanet ain erber ratt alle unnd yede ire einwoner
dises dorffs N. unnd N. trewlich, veterlich unnd mit
gantzem ernst, das sy wöllen bedencken, wie gros
unnd hoch an der hailigen religion unnder anderm
aber3 sovill daran gelegen ist, das auch die haiden
nit scheuchen, ir leib unnd leben darob darzuset-
zen4, ungeacht, das sy nichts gewißes unnd nur ain
mißgloben füeren. Unns cristen aber, den das ewig
leben dardurch verhaißen unnd geschenckt ist5, fül-
mehr gepüren will, mit cristenlichem, ernstlichen ei-

a Textvorlage A (Handschrift): StadtA Biberach, Spital-
archiv, A 1261, fol. 14r-24v. Textvorlage B (Hand-
schrift, teilweise zerstört): ebd., fol. 1r-13r.
b In B auf dem stark zerstörten Titelblatt: sta[tuten?] ...
ordnungen ... verbot der stat Bib[erach] 1531.
c-c In B stark zerstört.
d B: her nach volgt.
e-e Fehlt B. Es folgt die Überschrift: Vom schweren.

chung des wortt Gottes unnd in ander weg sich also
erzaigen unnd halten, das er für ein cristenlich recht
mitgelid des leibs Cristi unnd der gemaind Gotes6
alhie erfunden unnd erkennt werde unnd sich selbs
nit verkürtze7 unnd am ewigenn verhindere. Des wil
sich ain erber rat bey menigklich väterlich getresten
unnd versechenn unnd hiemitt den ruoff, das me-
nigklich alhie, mans- oder frowen personen, jung
oder alt, megt unnd knecht, in die predig geen unnd
das wort gotes hören, widerumb ernewert unnd den-
selben zuhalten gepoten habenn. |15r |
Unnd solchem dest statlicher nachzukomen, will
unnd gepait ain erber rat hiemit ernstlich, das sich
menigklich, allt unnd jung, an den suntagen vor
unnd unnder der predig zu morgens inn- unnd auser-
halb des dorffs N. und N. uff den pletzen, auch in
den heusern alles zerens, zechens, spilens, spacierens
unnd unnützen fabulierens gantz und gar enthalt,
auch kain wein, meth oder bier verkauffe, kainen
gast oder göste setz, speis oder trencke, es wern dan
fremd, wegförig8 leut, die sollen an irer nothurft
hierin unverhindert sein. Wer oder welche aber sol-
lichs uberfüeren, sy weren jung oder alt, die sollen
durch die verordneten spitl pfleger fürgefordert

1 Vgl. Mt 10,30; Joh 3,16; 5,24.
2 Langsam.
3 Jedoch, wiederum.
4 Hingeben, opfern.
5 Vgl. Joh 5,24; 12,25; Röm 2,6-7; 5,21; 6,23.
6 Vgl. 1Kor 12,12-31.
7 Sich in Unkosten stürze.
8 Durchreisende.

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