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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0496
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Ravensburg

6. Zuchtordnunga
11. Oktober 1546

bZucht ordnung löbl[licher] des hay[ligen] reichs statt Ravenspurg anno 15466I1

cWir, burgermaister unnd rathe des hailigen reichs
statt Ravenspurg, thüen kundt allermeniglichem:
Allsdann der allmechtig Gott, unnser himeli-
scher vatter, auß seinen wunderbarlichen gnaden
unnd gruntlosen barmhertzigkait one allen unnsern
verdiennst unns und gemain unnser statt neben
anndern chur-, auch fürsten, stätt unnd stennden
teutscher nation mit dem theuren, hailsamen liecht
seines hailigen evangelii1 haimgesucht (ime sey ewig
lob unnd dannck) unnd gnädiglich verlihen hat, das
wir bey unns und den unnsern schlecht2 nach auß-
weisung desselbigen alls der ainigen regel unnd
richtschnuor (deren nach all unser thun und lassen
angestölt unnd gemässigt3 werden soll) alles in leer,
kirchenbreuchen unnd leben, sovil wir immer durch
sein gaist vermögen, zuverordnen unnd anzurichten
begeren, haben demnach abgestölt unnd hinweg ge-
than alles, was bißanher sollichem enntgegen bey
unns in predigen gelert, in kirchen breuchen geüebt
und sonnst im leben verhandelt ist. Wir haben auch
Gott zu lob und fürderung ains I2I recht gotsäligen
lebens dise hienach begriffne ordnung mit abschaf-

a Textvorlage ZuchtO 1546 (Handschrift): StadtA Ra-
vensburg Bü 377c/l, p. 1-65. Textvorlage ZuchtO 1550
(Handschrift): StadtA Ravensburg Bü 377c/2,3. Text-
vorlage ZuchtO 1555 (Handschrift): StadtA Ravensburg
Bü 377 c/2,4.
b-b ZuchtO 1550: Zuchtordnunng 1550. ZuchtO 1555: Zucht
ordnung. Renoviert anno etc. 1555.
c-c ZuchtO 1550, 1555: Zuwissen unnd khunndt gethon sey
menigclichenn, das ain ersamer rat diser des hailigen
reuchs stat Ravennspurg zuverhuetung unnd abschaf-
fung ergernus unnd aller unerberkait, welchs vor Got,
dem herrn, ain verhasst lasster, auch zu pflanntzung
unnd erpawung guter pollicey unnd ordnung, damit man
desto fridlicher, riewiger [!] unnd stiller mit- unnd bey-
ainanndern pleiben und wonen mög, nachvolgende poli-
cey und ordnung furgenomen und gemacht [in ZuchtO
1550 gestrichen, fehlt ZuchtO 1555: ir voraufgerichte
zuchtordnung in nachvolgennden artigkhl renoviert, er-
newert furgenomen unnd bestätigt haben], ordnen und
wellen auch, das demselben allem durch alle unnd yede

fung des übels und auffnemung gebürlicher zucht
unnd erbarkait christenlich gedacht, diser zeit für-
zunemen unnd unsers bessten vermögens zuhandt-
haben mit vorbehaltung, so uns weiter auß anwei-
sung Gottes wortts und der billichait ettwas, zu be-
meltem unserm christenlichen vorhaben fürstenndig
sein, bekannt wurde, das wir allsdann dasselbig
auch annemen und unnsern underthonen zuhalten
bevelhen wöllen, darmit, wie das reich Christi bey
den guthertzigen durch täglich anhalten unnd ver-
manung Gottes wortts säliglich auffgat unnd von
dem lebendigen glauben durch die brüederliche liebe
unnd beharrlich gedult in allem irem fromen wandel
herauß leucht, also auch hinwiderumb die gottlosen
und ungehorsamen, bey denen das schwärt des
wortt Gottes4 nit schneiden noch sy zu warer buoß-
würckung treiben will, nichtdestweniger auß entsit-
zen5 nachgender gewisser straffen, in deren wir mit
der strenng furzufarn und niemanndts I3 I zuver-
schonen gedenncken, von iren lastern abgewisen und
also der ergernussen minder werden, damit dem
theuren evangelio, mit wölchem wir von Gott, dem

ire burger unnd burgerin, auch beywoner unnd beywo-
nerin, bey vermeidung der darauff gesetzter unnd nach
gestalt der sachen annderer ains ersamen rats straf
stracks gelept, nachgesetzt unnd darwider in ainich weiß
noch weg nit gethon werde kains wegs. Es wurdet und
will auch ain ersamer rat mit sonnderm vleys unnd
ernnst erkundigung unnd aufsehenns haben unnd gegen
den uberfarern dermassen mit straff hanndlen, das me-
nigclich spuren unnd sehen soll, das sy zu abschaffung
alles ubels und pflanntzung guter pollicei- unnd zucht-
ordnung, auch aller erberkait, begierig unnd genaigt sey-
en. Darnach wiß sich ain yedes, jung unnd alt, zurichten
unnd vor straf, schaden unnd nachtail zuverhiethen.

1 Vgl. 2Kor 4,4.
2 Schlicht, einfach.
3 Gemessen, gerichtet.
4 Vgl. Hebr 4,12; Offb 2,16.
5 Befürchtung.

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