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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0522
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Ravensburg

Damit aber die zuhörrer wißen mögen, auf welchen
tag jeder predigen unnd wölcher text zu jeder zeit
gehanndelt werde, haben wirs allso abgethaillt, be-
nanndtlich das der, so auf den sonnentag die früe
oder morgen predig gethon, darnach auf montag
unnd zinßtag die selbigen wochen auch predigen
soll.
Item wölcher unnder unns die sonnttags mittag pre-
dig gehabt, soll auf donnerstag unnd freyttag die
selbigen wochen auch predigen.
Item die mittwoch predig anbetreffende, die selbig
soll magister Michael12, der diaconus, fürtherhin
verrichtend. |
Item die historia des paßionns soll von unnse, wan
wir die zeit erleben, zugleich geprediget unnd nit
unnderlaßen werden.
fItem das sonntäglich früegebett unnd vesper predig
sollen die baide unnderschribne diaconi13 zugleich
ainer umb den anndern versehen unnd halten, allso
das, welcher am sonnttag morgens das früegebet
und vesper hallt, das solcher darnach die selbigen
wochen, wie wirs pflegen zunennen, wochner sein
unnd inn der kirchen, was fürfallen wurde mit kin-
der tauffen, hochtzeiten einsegnen unnd derglei-
chen, solchs verrichten sollf.
Item, wir haben unns veraint unnd enntschlossen,
das wir die ordenlichen evangelia unnd episteln, so
auf die sonntag unnd bannen14 feyrtag fallen wer-
den, jedertzeit, unnd namblich das evangelium vor
unnd die epistel nach mittag, unnd sonnst kain ann-
dern text für nemen noch predigen wöllen.
Zum sechsten: Mit den leichpredigen haben wir
unns verglichen, das diser, so in der kirchen den sel-

e B: unns allen.
f-f Fehlt B.
g-g Fehlt B.
h-h B: beede underschribne diaconi ainer umb den andern
dahin gehn, die armen sondersiechen zum heyl. creutz
aber betreffendt, sollen wir, beede diaconi, einer umb
den andern ein gantz jahr besuchen und solliche arme
und kranckhe leuth aller orthen.

12 Magister Michael Hitzler, siehe Anm. 33.
13 Michael Hitzler und Bartholomäus Rittler, siehe
Anm. 33 und 34.
14 Gebotenen.
15 Entledigt, Enthoben, vgl. Grimm, DWb 23, Sp. 305.

bigen tag gepredigt, der leichpredig überhabt15 sein
soll, es were dann, das ainer bey ainem verstorbnen
in seiner krannckhait gewest unnd von ime oder den
seinigen sonnderlich ain predig zuthon begert wur-
de, soll es ime vergundt unnd zugelaßen werden.
Zum Sibenden, die krannckhen anbetreffende,
halten wir alle vier unnderschribne dise ordnung,
das wölcher unnder unns zu ainem krannckhen ge-
fordert, er desselbigen krannckhen fleißig wardt, ine
offt haimbsuche, lehre unnd vermane, nach dem es
die notturfft jedes krannckhen erfordern würdt.
Zum Achtenden, das spittal16, bruoderhaus17
gunnd haillig creutz18 oder sonndersiecheng19 be-
lanngt, weil darinnen alltte, krannckhe leutt, so
unnserer religion unnd nit zupredig komen kenden,
wöllen wir, hall vier unnderschribne, ainen umb den
anndern dahin gehen, die selbigenh mit läsen unnd
lehren | aus Gottes wortt trösten, aber kain sonndere
predig deßhalb thon; unnd die leutt, so nit dahin
gehören, sonnder sich sonnsten dahin versamblen
thäten, wöllen wir inn die kirchen zukomen weisen
und vermanen, daselbsten Gottes wort ofentlich inn
der predig neben anndern christen anzuhören.
Zum neundten: Dieweil bißhero durch ettliche
unrüewige leuth vilmals (wie die erfarung laider mit
sich bracht) die prediger alhie gegenainandern ver-
schwetzt, verhetzt unnd verbittert unnd dardurch
zu unainigkaitt geraitzt worden, nit ohne großen
nachthail unnd ergernus der gantzen kirchen unnd
gemain, darauf haben wir, in ansehung, das es bil-
lich, recht unnd christlich ist, wann prediger mitain-
anndern fridlich unnd ainig inn lehr und leben, al-
lesambt ainer dem anndern bey handt gegebner

16 Das Heilig-Geist-Spital war vor 1287 gestiftet worden,
Schmauder, Stiftungen, S. 18-33; Dreher, Ge-
schichte II, S. 780-783.
17 Das Bruderhaus war in der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts zur Betreuung von zwölf armen Ravensburger
Bürgern gestiftet worden, Schmauder, Stiftungen,
S. 18f.; Dreher, Geschichte II, S. 783f.
18 Das Heilig-Kreuz-Spital war ein Leprosenhaus, das vor
1279 gestiftet worden war, Walcher, Siechen,
S. 29-37, 77-81; Schmauder, Leben, S. 136f.
19 Hier ist vermutlich das Seelhaus gemeint, das 1408 als
Pilgerherberge gestiftet worden war, Schmauder, Stif-
tungen, S. 18f.; Dreher, Geschichte II, S. 783f.

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