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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0535
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Einleitung

lisch, die katholische Minderheit wurde jedoch geduldet. Eine Bürgerbefragung ergab, dass sich die Anhän-
ger beider Konfessionen mit der gemeinsamen Nutzung der Pfarrkirche unter Verabredung verschiedener
Nutzungszeiten einverstanden erklärten.45 Obwohl sich das Wormser Domkapitel strikt gegen die erneute
Mitnutzung der Pfarrkirche durch die Neugläubigen aussprach, verschaffte der Rat den evangelischen
Predigern schließlich Zugang zur Pfarrkirche.46 Um die gemeinsame Nutzung des Gotteshauses zu ermög-
lichen, regelte der Magistrat 1589 erneut die Gottesdienstzeiten beider Konfessionen: Wie bereits vor 1570
sollten die Katholiken früh, die Protestanten im Anschluss daran ihren Gottesdienst feiern. Die Kirchen des
Dominikanerklosters, des Heilig-Geist-Spitals sowie des Chorherrenstifts in Wimpfen im Tal blieben zwar
in ausschließlich katholischer Nutzung, eine eigene Pfarrkirche blieb der katholischen Minderheit jedoch bis
1780 verwehrt.47
Infolge der Auseinandersetzung um die Pfarrkirchennutzung nach 1588 waren zahlreiche Prozesse des
Domkapitels gegen den Wimpfener Rat und die protestantische Bürgerschaft beim Reichskammergericht
anhängig, aus denen der Magistrat als Unterlegener hervorging.48 Nach 1590 war der Rat darum bemüht,
den erreichten Status für die evangelische Bürgerschaft zu wahren. Dieses Ziel verfolgte er in kleinen
Schritten, etwa mit strenger Kirchenzucht: Der evangelische Pfarrer wurde beauftragt, ein Verzeichnis
derer anzulegen, die längere Zeit nicht das Abendmahl empfangen hatten. Ferner ließ der Rat die Latein-
schule visitieren und eine Schulordnung verfassen. Fremde Katholiken wurden nicht ins Bürgerrecht auf-
genommen, auch dann nicht, wenn sie zum evangelischen Glauben konvertieren wollten.
1597 bekannten sich neben den Konventualen des Chorherrenstifts, des Dominikanerkonvents sowie
den Bewohnern des Heilig-Geist-Spitals und des Wormser Pfleghofs nur noch 22 Personen zur katholischen
Konfession, 1616 waren es nur noch sechs, 1635 starb der letzte Katholik in Wimpfen am Berg. Die Rats-
protokolle verzeichnen zum 9. November dieses Jahres: Heute ist der katholische schulmeister Claus Haller,
der letzte katholische bürger, gestorben, außer einigen wenigen im Tal sind jetzt keine katholiken mehr vorhanden;
gebe Gott, daß keine mehr eindringen und wir bei Gottes seligmachendem wort erhalten werden.49

45 StadtA Wimpfen L XVI, E 15 vom 11. Juni 1588. Neu-
maier, Wimpfen, S. 166f.
46 Schaab, Wimpfen, S. 746.
47 Schaab, Wimpfen, S. 746.

48 Endriss, Phasen, S. 321.
49 StadtA Wimpfen RP 1635 vom 9. November 1635; vgl,
Endriss, Phasen, S. 323f; Benz, Ritterstift, S. 177.

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