Leutkirch
3. Dekret für die Prädikanten zum Kalenderstreita
2./12. Dezember 1603
Meine gepietende, günstige herren, burgermaister,
rhat, gericht und gemaind, haben sowohl der fürst-
lichen würtembergischen allß der statt Ulm fürtref-
fenlichen theologen rhätliche bedenckhen, das newe
calenderwerkh1 betreffend, wie auch ires aignen mi-
nisterii zwo underschidliche erclärungen mit allem
vleiß abgehört und inn einen und andern weg er-
wogen. Dabey nuhn allerhand ursachen fürkommen,
warumb der newe calender bey hie[s]iger statt nicht
einzufüeren, fürnemblich aber, das desselben anstel-
lung bei den benachburten evangelischen kürchen
ein frembdes ansehen gewünnen und bey dem ge-
meinen mann allerhand widerige nachreden geboren
werde.
Nuhn sollen sie, ministri, meinen herren gewüß-
lich zutrawen, das sie dises laidigen calender we-
senns am aller liebsten uberhept unnd entbro-
sten2 weren und die sachen bei altem heerkommen
verpleiben möchten. Wann man aber hingegen er-
wügt, was nuhn sibenzehenb jar gemeine statt Leu-
kürch dises widerwertigen calenderwesens halben
inn politischen sachen für | unträgliche beschwerden
außgestannden, so ir und gemeiner burgerschafft
lenger zuerschwingen unmüglich3, daneben man im
werckh erfaren, dasselbige güetlich hinzulegen,
khein ander mittell zufinden, alls inn der evangeli-
schen kürchen die fest- und feyrtag nach dem newen
calender zuehallten, zue disem ennde auß allen ein-
komnen rhatschlägen zuvermörkhen, das die ende-
rung deß calenders ohne verlezung deß gewüssens
und rainen gottesdienst durch die welltliche ober-
kheit auß politischen welltlichen ursachen wohl ein-
gefürt möge werden, So haben sich meine herren,
burgermaister, rhat, gericht unnd gemaind, uber vil-
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Leutkirch A 400.
b Korrigiert aus: sechzehen.
c Korrigiert aus: sechzehenjärige.
1 Zur Kalenderreform Gregors XIII. von 1582 siehe von
den Brincken, Chronologie, S. 29-35.
felltigen gehapten rhat durch das mehrer einhellig
dahin verglichen, damit durch halltung zwayerlay
calender inn einer ringmauren bißheero außgestand-
ne sibenzehenjärigec zerrüttung inn diser statt abge-
schnitten, dagegen politischer gueter friden und ai-
nigkheit gepflantzet unnd erhallten werde, ire evan-
gelische kürchenfest und feyrtagen hinfüro nach
dem newen calender anzustellen und zuehallten,
unnd selbiges zwaar bedinglich mit nichten auß des
bapsts gehaiß, dem auch nicht | zugefallen, vil we-
niger demselben uber hie[s]ige evangelische kürchen,
gemaind oder statt ainiche superioritet, hohait noch
gewalt einzuraumen, sonder allein, wie gemellt, auß
politischen ursachen, inmassen alle einkomne rhat-
schläg dahin gerichtet, das sie selbiges ohne verle-
zung deß gewüssens und rainen gottesdiensts wohl
thuen khinden und mögen, wie auch nach außwei-
sung deß hailprunnischen stettabschids4 mitnichten
auf andere evangelische stett unnd stennd, sonder
allein auff irer aignen statt nutz, notturfft und
wohlfarth zuesehen, seitenmal under den stetten so
wohl irer nachpurschafft allß anderer sachen ein
mörklicher underschid wie auch allerhand kürchen
ceremonien bei inen seer ungleich gehallten werden.
Damitt sich aber meine herren im faal der noot [!]
gegen meniglich sovil mehr zuentschuldigen, haben
sie die ursachen diser enderung inn ein ausfüerliche
protestation und erclärung verfasst5, so zu menig-
lichs nachrichtung offentlich verkündet soll wer-
den. |
Unnd ist hierauff ir oberkaitlicher befelhe, die
herren ministri wollen sich so wohl disem decret allß
selbiger erclerung gemeß hinfüro conformiren wie
2 Entledigt und befreit, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 501.
3 Siehe Einleitung, S. 539.
4 Liegt nicht vor.
5 Siehe Nr. 4.
544
3. Dekret für die Prädikanten zum Kalenderstreita
2./12. Dezember 1603
Meine gepietende, günstige herren, burgermaister,
rhat, gericht und gemaind, haben sowohl der fürst-
lichen würtembergischen allß der statt Ulm fürtref-
fenlichen theologen rhätliche bedenckhen, das newe
calenderwerkh1 betreffend, wie auch ires aignen mi-
nisterii zwo underschidliche erclärungen mit allem
vleiß abgehört und inn einen und andern weg er-
wogen. Dabey nuhn allerhand ursachen fürkommen,
warumb der newe calender bey hie[s]iger statt nicht
einzufüeren, fürnemblich aber, das desselben anstel-
lung bei den benachburten evangelischen kürchen
ein frembdes ansehen gewünnen und bey dem ge-
meinen mann allerhand widerige nachreden geboren
werde.
Nuhn sollen sie, ministri, meinen herren gewüß-
lich zutrawen, das sie dises laidigen calender we-
senns am aller liebsten uberhept unnd entbro-
sten2 weren und die sachen bei altem heerkommen
verpleiben möchten. Wann man aber hingegen er-
wügt, was nuhn sibenzehenb jar gemeine statt Leu-
kürch dises widerwertigen calenderwesens halben
inn politischen sachen für | unträgliche beschwerden
außgestannden, so ir und gemeiner burgerschafft
lenger zuerschwingen unmüglich3, daneben man im
werckh erfaren, dasselbige güetlich hinzulegen,
khein ander mittell zufinden, alls inn der evangeli-
schen kürchen die fest- und feyrtag nach dem newen
calender zuehallten, zue disem ennde auß allen ein-
komnen rhatschlägen zuvermörkhen, das die ende-
rung deß calenders ohne verlezung deß gewüssens
und rainen gottesdienst durch die welltliche ober-
kheit auß politischen welltlichen ursachen wohl ein-
gefürt möge werden, So haben sich meine herren,
burgermaister, rhat, gericht unnd gemaind, uber vil-
a Textvorlage (Handschrift): StadtA Leutkirch A 400.
b Korrigiert aus: sechzehen.
c Korrigiert aus: sechzehenjärige.
1 Zur Kalenderreform Gregors XIII. von 1582 siehe von
den Brincken, Chronologie, S. 29-35.
felltigen gehapten rhat durch das mehrer einhellig
dahin verglichen, damit durch halltung zwayerlay
calender inn einer ringmauren bißheero außgestand-
ne sibenzehenjärigec zerrüttung inn diser statt abge-
schnitten, dagegen politischer gueter friden und ai-
nigkheit gepflantzet unnd erhallten werde, ire evan-
gelische kürchenfest und feyrtagen hinfüro nach
dem newen calender anzustellen und zuehallten,
unnd selbiges zwaar bedinglich mit nichten auß des
bapsts gehaiß, dem auch nicht | zugefallen, vil we-
niger demselben uber hie[s]ige evangelische kürchen,
gemaind oder statt ainiche superioritet, hohait noch
gewalt einzuraumen, sonder allein, wie gemellt, auß
politischen ursachen, inmassen alle einkomne rhat-
schläg dahin gerichtet, das sie selbiges ohne verle-
zung deß gewüssens und rainen gottesdiensts wohl
thuen khinden und mögen, wie auch nach außwei-
sung deß hailprunnischen stettabschids4 mitnichten
auf andere evangelische stett unnd stennd, sonder
allein auff irer aignen statt nutz, notturfft und
wohlfarth zuesehen, seitenmal under den stetten so
wohl irer nachpurschafft allß anderer sachen ein
mörklicher underschid wie auch allerhand kürchen
ceremonien bei inen seer ungleich gehallten werden.
Damitt sich aber meine herren im faal der noot [!]
gegen meniglich sovil mehr zuentschuldigen, haben
sie die ursachen diser enderung inn ein ausfüerliche
protestation und erclärung verfasst5, so zu menig-
lichs nachrichtung offentlich verkündet soll wer-
den. |
Unnd ist hierauff ir oberkaitlicher befelhe, die
herren ministri wollen sich so wohl disem decret allß
selbiger erclerung gemeß hinfüro conformiren wie
2 Entledigt und befreit, vgl. Grimm, DWb 3, Sp. 501.
3 Siehe Einleitung, S. 539.
4 Liegt nicht vor.
5 Siehe Nr. 4.
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