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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Breitenstein, Mirko: Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0046
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Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant | 45
führt. ⁴⁰ Doch wäre eine solche conscientia noch nicht verloren: Sie könne neu erblühen,
wenn der Mensch sein Leben bessert. ⁴¹ Die conscientia saecularium ist insofern
der conscientia mala et turbata des anonymen Gewissenstraktats vergleichbar, die
ja, wie beschrieben, ebenfalls noch zum Guten gekehrt werden kann. Folgt man dem
analytischen Muster dieses Texts (Petis a me), lassen sich auch die nachfolgend noch
behandelten Typen conscientia infernalis und caelestis mit den entsprechenden Attributen
von Ruhe und Unruhe beschreiben: So ist das höllische Gewissen als mala
et tranquilla zu identifizieren, das himmlische hingegen als bona et tranquilla. ⁴²
Der dritte hier behandelte Text, der Traktat »Vom inneren Haus«, enthält keine
vergleichbare Differenzierung verschiedener Arten der conscientia. Ziel dieses Werkes
ist, Anleitung bei der Gewissensbildung zu geben, und das Gewissen, welches
zu bilden ist, ist einzig ein gutes.
Was ist ein gutes Gewissen, und wie erlangt man es?
Wenn das Gewissen als Instanz verstanden wird, die es dem Menschen ermöglicht,
Transzendenzerfahrungen zu bewältigen, dann lässt sich jede Form, die in Anlehnung
an die Differenzierung von De conscientia (Petis a me) als tranquillus bezeichnet
werden kann, ⁴³ als Ausdruck eines inneren Zustandes begreifen, der von
Gewissheit geprägt ist: Ein ruhiges Gewissen nämlich demonstriert die Gewissheit
darüber, dass der eigene Status unverlierbar ist. Eine solche Sicherheit aber kann für
sich genommen kein Indikator für die moralische Qualität der conscientia sein. Um
diese zu bestimmen, muss vielmehr der Inhalt derjenigen Instanz geprüft werden,
die dem Gewissen als Referenz dient. Für den Mönch als Adressaten aller drei hier
zu diskutierenden Texte war der Bezug eindeutig: Gott und seine Gesetze fungierten
als der Maßstab, an dem jede Handlung und jeder Gedanke auszurichten waren.
Ein gutes Gewissen konnte also nur eines sein, das dieser Norm verbunden war.
Hierin sind sich – wenig überraschend – alle drei Texte einig.
Es wurde schon darauf verwiesen, dass es eine wesentliche Aufgabe des guten
Gewissens sei, Sünden zu vermeiden. ⁴⁴ Jene, die den Willen hätten, nicht zu sündigen,
die frühere Vergehen beweinen und bestrafen, die schlechte Gedanken zurückweisen,
seien mit einem dreifachen Strick gegürtet, heißt es in De conscientia
40 Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 227 f.
41 Revirescit itaque conscientia cum emendatur vita. Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 228.
42 Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 228 –230.
43 Vgl. oben Anm. 26.
44 Vgl. oben Anm. 13.
 
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