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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röckelein, Hedwig: Inklusion – Exklusion: weiblich - männlich
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0131
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130 | Hedwig Röckelein
Je stärker das Individuum in die geistliche Gemeinschaft integriert war, desto
schwächer wurde die Bindung an die Laiengesellschaft außerhalb der Klostermauern.
Der Grad der Abschließung hing vom Regelwerk, von den Ordensstrukturen,
von politischen und ökonomischen Faktoren ab. Doch trotz aller baulichen Hindernisse,
trotz aller Konzentration auf das Spirituelle blieben Mönche und Nonnen
immer auf Unterstützung durch die Welt angewiesen. ¹⁵
Die Asketen stilisierten und ritualisierten den stufenweisen Übergang von der
Gesellschaft in die Abschließung. Jeder Eintrittswillige musste einen langwierigen
Prozess der Vorbereitung und Prüfung seiner Tauglichkeit bis zur endgültigen Aufnahme
durchlaufen (Regula Benedicti, cap. 58 – 60). Durch Verzicht und Abschließung
erlangten die Mönche und Nonnen einen elitären Status unter den Christen,
der sie bereits zu Lebzeiten in den Rang der Heiligen hob. Dieses elitäre Bewusstsein
stand allerdings im Widerspruch zum christlichen Postulat der Gleichheit aller
Menschen und zur Doktrin von der Erlösung aller Menschen durch Christus.
Demnach stand allen Menschen unabhängig von ihrem Stand der Weg zur Erlösung
offen, nicht nur denjenigen, die sich durch ein vorbildliches Leben oder die Absonderung
im Diesseits auszeichneten. ¹⁶
Was leistete die Inklusion – für das Individuum, die Institution,
die Gesellschaft?
Die monastische Inklusion wurde durch drei Variablen konstituiert: das Individuum,
die Institution und die Gesellschaft.
1) Was leistete die Inklusion für das Individuum? Die freiwillige Exklusion provozierte
gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Sie lenkte den Blick auf das Besondere,
das aus der Gesellschaft ausgeschlossene Individuum sowie die exkludierte Gemeinschaft.
Auf dem Sonderstatus als Exkludierte beruhte die korporative Identität
der Asketen. Dem Kollektiv wie dem Individuum erwuchs soziales Prestige aus
der Gebetsleistung und der Sorge für das Seelenheil der Laien in der Gesellschaft.
Die Asketen gewannen Charisma durch ihre Nähe zum Numinosen, ¹⁷ durch die
Einhaltung strikter Reinheitsdoktrinen, durch den Verzicht auf den Kontakt zur
Gesellschaft wie zum anderen Geschlecht. Sie verwandelten sich in sakrale Körper,
to sever her emotional ties to parents, sisters, and brothers, and to develop new ties to the monastic life
and to her monastic superiors.«
15 Hahn/Bohn, Partizipative Identität (wie Anm. 3), S. 16 f.; Die Interdependenz und den Kontakt der
monastischen Klausurierten zur Umwelt betonen auch Turner/Turner, Pilgrimage (wie Anm. 2), S. 4:
»as the history of monasticism has shown, the orders become decreasingly liminal as they enter into
manifold relations with the environing economic and political milieus.«
16 Vgl. dazu auch die Überlegungen bei Bohn/Hahn, Patterns (wie Anm. 4), S. 15.
17 Bohn/Hahn, Patterns (wie Anm. 4), S. 11 und 14.
 
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