164 | Gabriela Signori
barkeit aber keineswegs, dass Darstellung und Dargestelltes automatisch konvergierten.
Die Eindeutigkeit des Porträts ist eine Illusion. Das Bild allein reicht nicht
aus, um Identifizierbarkeit zu garantieren. Dies zeigen unter anderem die vielen,
schon für den zeitgenössischen Sachverwalter namenlos gewordenen Porträts im
Besitz der Regentin Margaretha von Österreich (1480 –1530). ¹⁷ Um über Raum und
Zeit hinweg Identifizierbarkeit zu gewährleisten – sofern dies überhaupt erwünscht
war – bedarf das Porträt zwangläufig zusätzlicher Techniken der Authentifizierung
in Gestalt von Wappen, Devisen, Initialen, Namen oder anderes, der Identifizierung
zuträgliches Beiwerk. ¹⁸ Aber selbst die Techniken der Authentifizierung versagen
bei den Bildern häufig ihre sonst so bewährten Dienste. Denn selbst Wappen, Initialen
oder Devisen lassen sich nicht immer problemlos identifizieren. Viel enger
als jede andere Bildgattung ist die Lesbarkeit des Porträts letztlich mit dem für den
Bildbetrachter unsichtbaren Adressaten verbunden, für den es hergestellt wurde
und mit dem es als Stellvertreter auf die eine oder andere Weise kommunizierte. ¹⁹
Und so lässt sich allein auf der übergeordneten Gattungsebene festhalten, dass das
Porträt seit dem 14. Jahrhundert gehäuft als Medium der Vergegenwärtigung und
der Erinnerung in der Welt des Hochadels als Diplomatengeschenk oder – eine
Spielart der Diplomatie – der (fürstlichen) Brautwerbung diente. ²⁰ Darauf heben
17 Dagmar Eichberger, Margaret of Austria’s portrait collection. Female patronage in the light of dynastic
ambitions and artistic quality, in: Renaissance Studies. Journal of the Society for Renaissance Studies 10,
1996, S. 259 –279.
18 Zu den Wappen als Identitätsgaranten von Bildern vgl. Hans Belting, Bild-Anthropologie. Entwürfe
für eine Bildwissenschaft (Bild und Text), München 2001, S. 115 –142; Daniel Spanke, Porträt – Ikone –
Kunst. Methodologische Studien zum Porträt in der Kunstliteratur. Zu einer Bildtheorie der Kunst, München
2004, S. 68 –71, zu den Namen Evelyn Welch, Naming names. The transience of individual identity
in fifteenth–century Italian portraiture, in: The Image of the Individual. Portraits in the Renaissance, hg.
von Nicholas Mann/Luke Syson, London 1998, S. 91– 97.
19 Einfacher zu erschließen sind Porträtserien (Genealogie, Äbtereihen und Ähnliches) vgl. den methodischen
Überblick von Christian de Mérindol, Portrait et généalogie. La genèse du portrait réaliste et
individualisé, in: Population et démographie au Moyen Age, hg. von Olivier Guyotjeannin, Paris 1995,
S. 219 –248.
20 Anne Hagopian van Buren, Thoughts, old and new, on the sources of early Netherlandish painting, in:
Simiolus 16, 1986, S. 93 –112, hier S. 97–102; Joanna Woods-Marsden, »Ritratto al naturale«. Questions
of realism and idealism in early Renaissance portraits, in: Art Journal 46, 1987, S. 209 –216; Dies., Portrait
of the Lady, 1430 –1520, in: Virtue and Beauty. Leonardo’s Ginevra de’ Benci and Renaissance Portraits of
Women, hg. von David Alan Brown, Princeton 2001, S. 63 – 87; Lorne Campbell, Renaissance Portraits.
European Portrait-Painting in the 14 ᵗʰ , 15 ᵗʰ and 16 ᵗʰ Centuries, New Haven/London 1990, S. 193 –225,
Maximiliaan Pieter Jan Martens, Some Reflections on the Social Function of Diptychs, in: Essays in
Context. Unfolding the Netherlandish Diptych, hg. von John Oliver Hand/Ron Spronk, Cambridge/
New Haven/London 2006, S. 84 –91; Women and Portraits in Early Modern Europe. Gender, Agency,
Identity, hg. von Andrea Pearson, Aldershot 2008; Jennifer Flechter, Das Porträt der Renaissance –
Funktion, Verwendung und Zurschaustellung, in: Die Porträt-Kunst der Renaissance. Van Eyck, Dürer,
Tizian …, hg. von Lorne Campbell/Philip Attwood/Louise Rice, Stuttgart 2008, S. 46 – 65; Everett
Fahy, The Marriage Portrait in the Renaissance, or Some Women Named Ginevra, in: Art and Love in
Renaissance Italy, hg. von Andrea Bayer, New York 2008, S. 17–27.
barkeit aber keineswegs, dass Darstellung und Dargestelltes automatisch konvergierten.
Die Eindeutigkeit des Porträts ist eine Illusion. Das Bild allein reicht nicht
aus, um Identifizierbarkeit zu garantieren. Dies zeigen unter anderem die vielen,
schon für den zeitgenössischen Sachverwalter namenlos gewordenen Porträts im
Besitz der Regentin Margaretha von Österreich (1480 –1530). ¹⁷ Um über Raum und
Zeit hinweg Identifizierbarkeit zu gewährleisten – sofern dies überhaupt erwünscht
war – bedarf das Porträt zwangläufig zusätzlicher Techniken der Authentifizierung
in Gestalt von Wappen, Devisen, Initialen, Namen oder anderes, der Identifizierung
zuträgliches Beiwerk. ¹⁸ Aber selbst die Techniken der Authentifizierung versagen
bei den Bildern häufig ihre sonst so bewährten Dienste. Denn selbst Wappen, Initialen
oder Devisen lassen sich nicht immer problemlos identifizieren. Viel enger
als jede andere Bildgattung ist die Lesbarkeit des Porträts letztlich mit dem für den
Bildbetrachter unsichtbaren Adressaten verbunden, für den es hergestellt wurde
und mit dem es als Stellvertreter auf die eine oder andere Weise kommunizierte. ¹⁹
Und so lässt sich allein auf der übergeordneten Gattungsebene festhalten, dass das
Porträt seit dem 14. Jahrhundert gehäuft als Medium der Vergegenwärtigung und
der Erinnerung in der Welt des Hochadels als Diplomatengeschenk oder – eine
Spielart der Diplomatie – der (fürstlichen) Brautwerbung diente. ²⁰ Darauf heben
17 Dagmar Eichberger, Margaret of Austria’s portrait collection. Female patronage in the light of dynastic
ambitions and artistic quality, in: Renaissance Studies. Journal of the Society for Renaissance Studies 10,
1996, S. 259 –279.
18 Zu den Wappen als Identitätsgaranten von Bildern vgl. Hans Belting, Bild-Anthropologie. Entwürfe
für eine Bildwissenschaft (Bild und Text), München 2001, S. 115 –142; Daniel Spanke, Porträt – Ikone –
Kunst. Methodologische Studien zum Porträt in der Kunstliteratur. Zu einer Bildtheorie der Kunst, München
2004, S. 68 –71, zu den Namen Evelyn Welch, Naming names. The transience of individual identity
in fifteenth–century Italian portraiture, in: The Image of the Individual. Portraits in the Renaissance, hg.
von Nicholas Mann/Luke Syson, London 1998, S. 91– 97.
19 Einfacher zu erschließen sind Porträtserien (Genealogie, Äbtereihen und Ähnliches) vgl. den methodischen
Überblick von Christian de Mérindol, Portrait et généalogie. La genèse du portrait réaliste et
individualisé, in: Population et démographie au Moyen Age, hg. von Olivier Guyotjeannin, Paris 1995,
S. 219 –248.
20 Anne Hagopian van Buren, Thoughts, old and new, on the sources of early Netherlandish painting, in:
Simiolus 16, 1986, S. 93 –112, hier S. 97–102; Joanna Woods-Marsden, »Ritratto al naturale«. Questions
of realism and idealism in early Renaissance portraits, in: Art Journal 46, 1987, S. 209 –216; Dies., Portrait
of the Lady, 1430 –1520, in: Virtue and Beauty. Leonardo’s Ginevra de’ Benci and Renaissance Portraits of
Women, hg. von David Alan Brown, Princeton 2001, S. 63 – 87; Lorne Campbell, Renaissance Portraits.
European Portrait-Painting in the 14 ᵗʰ , 15 ᵗʰ and 16 ᵗʰ Centuries, New Haven/London 1990, S. 193 –225,
Maximiliaan Pieter Jan Martens, Some Reflections on the Social Function of Diptychs, in: Essays in
Context. Unfolding the Netherlandish Diptych, hg. von John Oliver Hand/Ron Spronk, Cambridge/
New Haven/London 2006, S. 84 –91; Women and Portraits in Early Modern Europe. Gender, Agency,
Identity, hg. von Andrea Pearson, Aldershot 2008; Jennifer Flechter, Das Porträt der Renaissance –
Funktion, Verwendung und Zurschaustellung, in: Die Porträt-Kunst der Renaissance. Van Eyck, Dürer,
Tizian …, hg. von Lorne Campbell/Philip Attwood/Louise Rice, Stuttgart 2008, S. 46 – 65; Everett
Fahy, The Marriage Portrait in the Renaissance, or Some Women Named Ginevra, in: Art and Love in
Renaissance Italy, hg. von Andrea Bayer, New York 2008, S. 17–27.