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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röhrkasten, Jens: Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0185
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184 | Jens Röhrkasten
und intellektuelle Konformität musste ebenso gewährleistet werden wie die Kontrolle
und Beschränkung des Zugangs zur Kurie, der Instanzenzug innerhalb der
eigenen Organisation oder die Pflicht der Rechenschaftslegung durch die Prioren
und Minister. Für den Betrachter stellt sich dabei zuweilen die Frage, ob derartige
Maßnahmen situationsgebunden waren, wie etwa die 1282 in den Diffinitiones des
Straßburger Generalkapitels enthaltenen Warnungen vor non sanas opiniones, die
im Kontext des Vorgehens gegen Petrus Johannis Olivi zu sehen sind, oder ob es
sich bei solchen Versuchen der Vereinheitlichung um grundsätzliche strukturelle
Veränderungen handelte. ⁹
Auch in der Entwicklung gab es Parallelen. Die Schaffung und Strukturierung
von Provinzen verlief langsam, äußere Grenzen wie auch innere Gliederungen blieben
lange Zeit fließend und konnten erst mit dem Ende der Gründungsphase der
Konvente genauer definiert werden. ¹⁰ Beide Gemeinschaften mussten eine Liturgie
entwickeln und durchliefen dabei verschiedene Stufen. Bei den Franziskanern begann
dies vermutlich mit einfachen Riten, bestehend aus Gebeten, vielleicht auch
Liedern, die auf Franziskus zurückgingen; eine strukturierte Liturgie wurde erst
1223 mit der Regula bullata eingeführt und scheint sich nur sehr allmählich durchgesetzt
zu haben, um dann von Haymo von Faversham wieder modifiziert zu werden.
¹¹ Bei den Dominikanern scheinen sich mit der Entsendung der ersten Brüder
aus Toulouse in andere Teile Europas im Sommer 1217 regionale Unterschiede entwickelt
zu haben, die mindestens bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts bestanden und
dann erst in mehreren Reformansätzen harmonisiert werden konnten. ¹²
Diese strukturellen und inhaltlichen Entsprechungen lassen erwarten, dass die
Entwicklung der beiden Orden gleichförmig verlaufen ist, doch dieser Eindruck
trügt, denn erstens waren die Parallelen zwischen den beiden großen Gemeinschaf-
9 Gerold Fussenegger, Definitiones Capituli Generalis Argentinae celebrati anno 1282, in: Archivum
Franciscanum Historicum 26, 1933, S. 127–140, hier S. 130, 137; Moorman, A History (wie Anm. 5),
S. 190; Constitutiones generales (wie Anm. 6), Bd. 1, S. 75, 295.
10 Gratien de Paris, Histoire de la fondation et de l’évolution de l’ordre des Frères Mineurs au XIII ᵉ
siècle, Paris 1928, S. 41; Grado Giovanni Merlo, Nel nome di san Francesco. Storia dei frati Minori e
del francescanesimo sino agli inizi del XVI secolo, Padua 2003, S. 76.
11 Leone Bracaloni, Il primo rituale francescano nel Breviario di S. Chiara, in: Archivum Franciscanum
Historicum 16, 1923, S. 71– 88; Stephen van Dijk/Joan Hazelden Walker, The Origins of the Modern
Roman Liturgy. The Liturgy of the Papal Court and the Franciscan Order in the Thirteenth Century,
London 1960, S. 288 –312; Stephen van Dijk, The Liturgical Legislation of the Franciscan Rules, in:
Franciscan Studies 12, 1952, S. 176 –195, 241–262; Ders., Ursprung und Inhalt der franziskanischen
Liturgie des 13. Jahrhunderts, in: Franziskanische Studien 51, 1969, S. 86 –116, 192–217.
12 William Raymond Bonniwell, A History of the Dominican Liturgy 1215 –1945, 2. Aufl. New York
1945, S. 20; Ansgar Dirks, De evolutione liturgiae dominicanae, in: Archivum Fratrum Praedicatorum
50, 1980, S. 1–21, hier S. 8 –18; Philippe Gleeson, The Pre-Humbertian Liturgical Sources Revisited, in:
Aux origines de la liturgie dominicaine: le manuscript Santa Sabina XIV L 1, hg. von Leonard Boyle/
Pierre-Marie Gy (Collection de l’École française de Rome 327), Rom 2004, S. 99 –112, hier S. 102 f., 110,
111; Archdale King, Liturgies of the Religious Orders, Bonn 2005, S. 331–335.
 
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