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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Röhrkasten, Jens: Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0192
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Ordensdisziplin und Konformität bei den Dominikanern und Franziskanern | 191
Ähnlichkeit der Voraussetzungen, mit denen sich die Gemeinschaften konfrontiert
sahen, zu unterschiedlichen Entwicklungen führten. Beide Orden waren – man darf
annehmen im gleichen Grade – mit Disziplinlosigkeiten und Abweichungen einzelner
Brüder bis hin zur Apostasie konfrontiert. ⁴⁹ Wie auch im Fall anderer religiöser
Gemeinschaften wurden sie als immanente menschliche Schwäche geradezu vorausgesetzt,
es war ja die Hauptaufgabe der Ordnungsstrukturen, sich des Phänomens
der individuellen menschlichen Verfehlungen anzunehmen. Beide Orden verfügten
über sehr ähnliche Mechanismen, die auch für Konformität und damit den Zusammenhalt
der Gemeinschaft sorgen sollten. Bei den Dominikanern wurde dieses System
durch Devianz nicht in Frage gestellt, selbst wenn etwa ein Johann von Reading
1275 zum mosaischen Glauben konvertierte, eine Jüdin heiratete und fortan unter
dem Namen Haggai zu erreichen war oder Thomas Waleys 1333 den Papst in Avignon
öffentlich zu kritisieren wagte. ⁵⁰ Die Dominikaner konnten Konformität und
Nonkonformität so steuern, dass sich der Orden ganz auf seine zentrale Aufgabe,
die Predigt, konzentrieren konnte, eine Verbindung von Propositum und Flexibilität,
die Gert Melville als »Systemrationalität« definiert hat. ⁵¹
Im Gegensatz dazu bestanden bei den Minoriten Zweifel an der Art der Durchsetzung
und der Durchsetzbarkeit ihrer Ideale. Diese Spannungen zwischen Realität
und einem immer schwerer erreichbaren Ordensideal führten zu Unsicherheiten
in der Regelinterpretation, deren Beilegung sowohl innerhalb des Ordens formell
durch die Konstitutionen und informell durch die Kommentare einer Reihe prominenter
Brüder wie auch außerhalb des Ordens durch die Kurie versucht wurde.
Als auslösendes Moment in diesem Prozess zog dabei die Definition und die Realisierung
der religiösen Armut die Aufmerksamkeit der Zeitgenossen wie auch
der modernen Forschung auf sich. ⁵² Die franziskanische Armutsfrage war jedoch
49 Don Logan, Runaway Religious in Medieval England c. 1240 –1540, Cambridge 1996, S. 70, 241–246;
Ungedruckte Dominikanerbriefe (wie Anm. 18), S. 82 f., Nr. 51, S. 108 –110, Nr. 87, 88, S. 122 f., Nr. 101,
S. 150 f., Nr. 135, S. 151 f., Nr. 136.
50 The Chronicle of Bury St Edmunds 1212–1301, hg. von Antonia Gransden, London 1964, S. 58 (1275):
Londoniis quidam de ordine Predicatorum dictus frater Robertus de Redingge predicator optimus linguaque
Hebrea eruditissimus apostauit et se ad Iudaismum conuolauit atque Iudeam ducens uxorem
se circumcidi atque Aggeum fecit nominari. Quem accersitum et contra legem Christinam audacter et
puplice disserentem rex archiepiscopo commendauit Cantuariorum. Simon Tugwell, Thomas Waleys,
in: Oxford Dictionary of National Biography, online verfügbar unter: http://www.oxforddnb.com/view/
article/28554 (zuletzt abgerufen am 2. 3. 2014).
51 Gert Melville, Systemrationalität und der dominikanische Erfolg im Mittelalter, in: Norm und Krise
von Kommunikation. Inszenierungen literarischer und sozialer Interaktion im Mittelalter. Für Peter von
Moos, hg. von Alois Hahn/Gert Melville/Werner Röcke (Geschichte Forschung und Wissenschaft
24), Berlin 2006, S. 157–171.
52 Adolf von Harnack, Das Mönchtum. Seine Ideale und seine Geschichte, Gießen 1921, S. 51, 56. Einen
Überblick über neuere Literatur zum Thema bieten die Beiträge zu den Franziskanern im Mittelalter in:
Gelobte Armut. Armutskonzepte der franziskanischen Ordensfamilie vom Mittelalter bis in die Gegenwart,
hg. von Heinz-Dieter Heimann/Annette Hilsebein/Bernd Schmies u.a., Paderborn 2012.
 
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