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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Schmidt, Hans-Joachim: Kommentar zur Sektion Individuum und Gemeinschaft - Institutionalität
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0204
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Kommentar zur Sektion Individuum und Gemeinschaft – Institutionalität | 203
Wenn das Problem auf die Ebene eines ganz Europa umfassenden Ordens transponiert
wird, erscheint das Problem, wie uniformitas hergestellt werden kann, noch
viel mehr schier unlösbar. Die ausgefeilten Verfahren von Partizipation und Kontrolle
bei Franziskanern und Dominikanern, auf die Herr Röhrkasten hingewiesen
hat, sind institutionalisierte Superformen, die in den Dienst der Harmonisierung
gestellt sind. Weil Originalität kein Ideal darstellte, sollte die Institution divergente
Interessen, differierende Auffassungen oder divergierende Ziele nicht in eine Verfahrensordnung
überführen, sondern diese sollte sie gar nicht erst auftreten lassen.
Weil sie aber entstanden und entstehen mussten, weil ohne individuelles Streben
nach Vollkommenheit ein religiös begründetes und praktiziertes Gemeinschaftsleben
schlechterdings nicht möglich ist, ließ sich zwar durch Adaptation an variable
Umstände eine praktikable Lösung finden, aber im Grundsätzlichen blieb der
Konflikt bestehen. Zu lösen wäre er durch die Verpflichtung zum Gehorsam; aber
auf ihn allein zu setzen, war nicht selten illusorisch und überdies prinzipiell kontraintentional
im Hinblick auf die individuelle Berufung. Die Ausdifferenzierung in
unterschiedliche Lebensformen und unterschiedliche Normierungen war durch den
Gehorsam nicht aufzuhalten, gerade wenn er – durch das mönchische Gelübde begründet
und absolut gesetzt – nicht entkräftet werden konnte, aber zugleich durch
eine Berufung auf Gottes Anweisung menschlicher Verfügung entzogen werden
durfte, sodass das Ideal des Gehorsams in paradoxer Wirkung in Richtung einer
De-Insitutionalisierung wirken konnte und die persönliche Perfektion in den Vordergrund
schob. Der Weg, den die Dominikaner und Franziskaner beschritten,
bestand in einer Abschwächung befehlsgebender Instanzen, die nicht mehr wie
im klassischen benediktischen Mönchtum als Instanzen der väterlichen Autorität
gedeutet wurden; vielmehr war in einer partizipativen Brüderlichkeit die Last des
Ermahnens, Befehlens und Kontrollierens auf viele Schultern verteilt. In zeitlicher
Rotation waren die Aufgaben begrenzt.
Vielleicht konnte am ehesten die amicitia eine harmonisierende Lösung hervorbringen.
Aber auch sie war, wie Aelfred of Rievault in seinen Dialogen ausführte,
einem Normierungsdruck ausgesetzt und stand einer allein personenbezogenen
Relation entgegen, die einzig aufgrund individueller Entscheidungen herbeigeführt
würde. Und gänzlich ungelöst ist die Diskrepanz zwischen Konformität und Individualität,
wenn es um die raison d’être des Klosters geht, um das einzigartige und
von jeder Person einzeln errungene oder gewährte ewige Seelenheil, also um den
Weg zu Gott, auf den nie eine Gemeinschaft in toto, sondern immer nur ein Individuum
schreiten konnte. Die Aufforderung, sein Leben zu ändern und Christus, den
Aposteln und den Heiligen der Kirche nachzufolgen, war nicht auf ein Kollektivum
abzuschieben, sondern forderte stets den Einzelnen. Aber nur durch die Einbindung
in ein Kollektiv konnte die Änderung des Lebens gelingen, weil das Kollektiv
 
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