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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Steckel, Sita: Deuten, Ordnen und Aneignen: Mechanismen der Innovation in der Erstellung hochmittelalterlicher Wissenskompendien
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0218
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Deuten, Ordnen und Aneignen | 217
Das nordfranzösisch-normannische Mönchtum hatte schon zu Beginn des
11. Jahrhunderts stark an einem gesteigerten religiösen Interesse partizipiert, das
sich unter anderem in klösterlichen Neugründungen wie dem vom Ritter Herluin
gegründeten kleinen Kloster Bec und in religiös motivierten Wanderungen niederschlug.
²¹ Die beiden intellektuellen Führungsfiguren des Klosters Bec, Lanfranc von
Bec und sein Schüler Anselm, waren »Einwanderer« aus Italien, die ein strenges
religiöses Leben verwirklichen wollten, gleichzeitig aber ausgeprägte intellektuelle
Interessen pflegten und diese Ziele in der Normandie verwirklichen zu können
glaubten. In der Lebenszeit der beiden italienischen Mönche, die einander schließlich
als Erzbischöfe von Canterbury ablösten (Lanfranc 1070 –† 1089, Anselm
1093 –† 1109), verdichtete sich der anglo-normannische Herrschaftsraum erheblich,
nicht zuletzt mit der Eroberung Englands 1066. Enge Kontakte zum Reformpapsttum
sorgten für eine Weiterführung und Adaptation von Reformansätzen. Eines
von mehreren regionalen Reformnetzwerken in Europa entstand, im Falle der Normandie
zunächst mit einer starken Prägung durch benediktinische Klöster, zu denen
bald Neugründungen von Regularkanonikerkonventen traten.
Ähnlich verhält es sich in Süddeutschland, wo die adelige Unterstützung für
Kirchenreform und Reformpapsttum nicht nur zum Widerstand gegen Heinrich IV.
führte, sondern auch die Gründung von Regularkanonikerstiften wie Rottenbuch
und Marbach und ein Aufleben des reformorientierten benediktinischen Mönchtums
etwa um Siegburg, Hirsau und Sankt Blasien zu verzeichnen sind. ²² Auch
hier diskutierte man die mit der Kirchenreform auftretenden Streitfragen. In den
süd- und westdeutschen gregorianischen Zirkeln wurden Streitschriften zum Investiturstreit,
insbesondere aber auch zur Sakramententheologie produziert, etwa
von Bernold von Konstanz († 1100). ²³ Die Werke des Honorius Augustodunensis
21 Vgl. zu Bec, Lanfranc und Anselm von Bec Herbert Edward John Cowdrey, Lanfranc. Scholar, Monk
and Archbishop, Oxford 2003; Sally N. Vaughn, Archbishop Anselm 1093 –1109: Bec Missionary, Canterbury
Primate, Patriarch of Another World (The Archbishops of Canterbury Series), Farnham/Burlington,
Vt. 2012; Southern, Saint Anselm (wie Anm. 20); Sally N. Vaughn, The Abbey of Bec and the
Anglo-Norman State, 1034 –1136, Woodbridge, Ma. 1981.
22 Vgl. Klaus Schreiner, Hirsau und die Hirsauer Reform. Lebens- und Verfassungsformen einer Reformbewegung,
in: Die Reformverbände und Kongregationen der Benediktiner im deutschen Sprachraum, hg.
von Ulrich Faust/Franz Quarthal, St. Ottilien 1999, S. 89 –124; Monica Sinderhauf, Die Reform
von St. Blasien, in: ebd., S. 125 –140; Josef Semmler, Die Klosterreform von Siegburg (11. und 12. Jahrhundert),
in: ebd., S. 141–151. Mit Überlegungen zur Wissensvermittlung besonders Constant J. Mews,
Monastic Educational Culture Revisited: The Witness of Zwiefalten and the Hirsau Reform, in: Medieval
Monastic Education, hg. von George Ferzoco/Carolyn Muessig, London/New York 2000, S. 182–197.
23 Vgl. zu Bernolds Schriften Ian Stuart Robinson, Bernold von Konstanz und der gregorianische Reformkreis
um Bischof Gebhard III., in: Freiburger Diözesan-Archiv, 109, 1989, S. 155 –188; Heinrich Weisweiler,
Die vollständige Kampfschrift Bernolds von St. Blasien gegen Berengar: De veritate corporis et
sanguinis domini, in: Scholastik 12, 1937, S. 59 – 93.
 
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