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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Ertl, Thomas: Pragmatische Visionäre? Die mendikantische Sicht der Welt im 13. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0256
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Pragmatische Visionäre? | 255
schrieben. ¹⁰ Ich will lediglich darauf hinweisen, dass diese Konflikte zweifellos zur
Festigung und Sichtbarmachung mendikantischer Identität beigetragen haben. Für
die hier zu erörternde Fragestellung entscheidend ist vor allem die These, dass auch
die mendikantische Sicht der Welt eine Reaktion auf diese Zuschreibungen von
innen und außen darstellt. In der Vergangenheit wurde stärker die Selbstwahrnehmung
der Mendikanten als ihre Weltsicht diskutiert, wenngleich auch diese Frage
schon mehrfach direkt oder indirekt behandelt worden ist. ¹¹ Ich will versuchen, in
das Thema exemplarisch anhand der Weltsicht eines Franziskaners des 13. Jahrhunderts
einzuführen und anschließend einige allgemeine Schlussfolgerungen zur
Diskussion zu stellen.
Salimbenes Welt
Als Fallbeispiel dient mir Salimbene de Adam. Salimbene stammte aus einer wohlhabenden
Parmeser Familie und trat um 1238 mit sechzehn Jahren dem Franziskanerorden
bei. Bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr war Salimbene viel unterwegs,
zog von Konvent zu Konvent, meist in Mittel- und Norditalien, gelegentlich auch
in Südfrankreich. Dabei traf er auf prominente Gelehrte und Würdenträger seines
Ordens, erhielt die Priesterweihe, eignete sich eine solide Bildung an und nahm
teil an den Diskussionen über das Geschehen im Orden und in der Welt. In seinen
letzten Lebensjahren scheint er im Konvent Montefalcone, im Apennin in den italienischen
Marken gelegen, seine Cronica verfasst zu haben, bevor er 1288 starb. ¹²
Es handelt sich bei dieser Chronik um eine umfangreiche Geschichte des Franziskanerordens,
verwoben mit persönlichen Erinnerungen und ausgewählten politischen
Ereignissen. ¹³ Die positive Darstellung des eigenen Lebensweges sowie
10 Moorman, A history of the Franciscan order (wie Anm. 3), S. 339 –349; Penn R. Szittya, The antifraternal
tradition in medieval literature, Princeton 1986, S. 11–122; Michel-Marie Dufeil, Guillaume de
Saint-Amour et la polémique universitaire parisienne 1250 –1259, Paris 1972.
11 Jürgen Miethke, Die Franziskaner und ihre politische(n) Theorie(n). Eine Übersicht in Vogelschau, in:
I Francescani e la politica. Atti del Convegno internazionale di studio Palermo 3 –7 dicembre 2002, 2
Bde., hg. von Alessandro Musco (Franciscana 13), Palermo 2007, Bd. 2, S. 709 –722.
12 Salimbene Parmensis, Cronica, 2 Bde., hg. von Giuseppe Scalia (Corpus Christianorum, Continuatio
mediaevalis 125), Turnholt 1998/1999. Deutsche Übersetzung: Die Chronik des Salimbene von Parma.
Nach der Ausgabe der Monumenta Germaniae bearb. von Alfred Doren (Die Geschichtschreiber der
deutschen Vorzeit 93 –94), Leipzig 1914. Zu Autor und Werk vgl. Mariano d’Alatri, La cronaca di
Salimbene. Personaggi e tematiche (Bibliotheca seraphico-capuccina 35), Rom 1988; Jacques Paul/Mariano
d’Alatri, Salimbene da Parma. Testimone e cronista, Roma 1992; Olivier Guyotjeannin, Salimbene
de Adam. Un chroniqueur franciscain, Turnhout 1995.
13 Zuletzt zur Chronik Alison Williams Lewin, Salimbene de Adam and the Franciscan Chronicle, in:
Chronicling history. Chroniclers and historians in medieval and Renaissance Italy, hg. von Sharon Dale/
Alison Williams Lewin/Duane J. Osheim, University Park 2007, S. 87–112.
 
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