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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Burkhardt, Stefan: Armut, Arbeit, Bettel? Kommentar zur Sektion Neuordnung der Gesellschaft – Wirkung in die Welt
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0304
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rabilis meinte – eher innere Haltung statt Verzicht auf materielle Güter, ⁷ eher Synonym
für eine dienende, demütige Stellung? ⁸ Die erste Franziskusvita des Thomas
von Celano formuliert noch kategorisch, Armut sei Verachtung des Geldes und
Veräußerung des Besitzes. Aber sollte Armut sollte nicht auch immer mit Freude
kombiniert sein? ⁹ Das Streben nach Armut sollte nicht in einen Wettbewerb um den
möglichst vollständigen Besitz von Armut eskalieren. ¹⁰ Folgte aber Franziskus nur
dem Ideal der apostolischen Armut oder ging er auch darüber hinaus? ¹¹
Soziale Dynamiken und ihre Wertung
Armut, Arbeit, Bettel? | 303
Freiwillige Armut konnte – wie das Beispiel der Waldenser zeigte – rasch für gesellschaftliche
Unruhe sorgen, man durfte sie nicht übertreiben. ¹² Inwieweit war es
möglich, freiwillige Armut zu institutionalisieren und so gesellschaftsverträglich
zu gestalten und zu symbolisieren, dass die eigenen Ideale im Kontakt mit der Welt
erhalten blieben? Noch Stephan von Muret suchte die Stabilität der Armut seiner
Gemeinschaft durch das Unterbinden jeglicher wirtschaftlicher Absicherung zu
gewährleisten. ¹³ Bereits frühzeitig wurde hingegen gefordert, dass sich Armut und
Demut entsprechen müssten. ¹⁴ Für die Zisterzienser waren darüber hinaus Bauten
ein Ventil, angesammeltes, »verwerfliches« Kapital zu verwerten, ohne bedrohliche
Folgen für ihr Armutsideal in Kauf nehmen zu müssen.
7 Petrus Venerabilis, ep. 20, in: The Letters of Peter the Venerable, hg. von Giles Constable, Bd. 1, Cambridge
1967, S. 27– 41, insbes. S. 34 –37.
8 Vgl. Honemann, Armut (wie Anm. 6), S. 38: »Hier [in der Nicht-bullierten Regel, 4, 5; Erg. SB] ist also
das Dienen, das Abhängigsein, Ausdruck von Armut. Der uneigennützige Dienst, der nichts für sich haben
will, kennzeichnet auch die Beziehungen zwischen Oberen und Untergebenen in der Bruderschaft«.
9 Thomas de Celano, Vita prima S. Francisci, in: Legendae S. Francisci Assisiensis saeculis XIII et XIV
conscriptae (Analecta Franciscana 10), Quaracchi 1926 –1941, S. 1–117, hier cap. 14, 35, S. 28.
10 Dieses Spannungsverhältnis war in den Lehren von Franziskus und Klara bereits angelegt, wenn davor
gewarnt wird, etwas zu besitzen, zugleich die Brüder und Schwestern aber doch danach trachten sollen,
die Armut zu besitzen. Vgl. hierzu Leonard Lehmann, »Arm an Dingen, reich an Tugenden«. Die geliebte
und gelobte Armut bei Franzikus und Klara von Assisi, in: Gelobte Armut. Armutskonzepte der
franziskanischen Ordensfamilie vom Mittelalter bis in die Gegenwart, hg. von Heinz-Dieter Heimann/
Angelica Hilsebein/Bernd Schmies u.a., Paderborn/München/Wien u.a. 2012, S. 37– 65, hier S. 55.
11 Vgl. Honemann, Armut (wie Anm. 6), S. 102 in Bezug auf Karl Beyschlag, Die Bergpredigt und Franz
von Assisi, Gütersloh 1955, S. 171 und 178, der schreibt, Franziskus sei mit der »Forderung der absoluten
Besitzlosigkeit bis hin zum strikten Geldverbot für alle Ordensmitglieder über das Evangelium bzw. die
Idee des apostolischen Lebens« hinausgegangen; der prinzipielle Bruch mit der Ordnung des Besitzens,
den Jesus gefordert hatte, sei »etwas anderes [...] als der Übertritt in eine neue, selbst geschaffene Eigentumsordnung,
deren Zugang über die maximale Verzichtleistung erreicht wird«.
12 Maleczek, »Nackt dem nackten Christus folgen« (wie Anm. 4), S. 17 f.
13 Maleczek, »Nackt dem nackten Christus folgen« (wie Anm. 4), S. 23 f.
14 Lehmann, Arm an Dingen (wie Anm. 10), S. 60.
 
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