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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Rexroth, Frank: Monastischer und scholastischer Habitus: Beobachtungen zum Verhältnis zwischen zwei Lebensformen des 12. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0325
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324 | Frank Rexroth
lichen Schulen zu tun hatte. ¹⁷ Denn neben dieser »monastischen« Theologie sei an
Schulen neuer Art eine neue, »scholastische« Gotteswissenschaft herangereift. Sie
habe auf der Logik als einer Leitdisziplin beruht und sich auf die neue Technik von
Männern wie Petrus Abaelard gestützt, Sachfragen in Sprachfragen umzuformen
und dann mit dem Werkzeug der Dialektik aufzulösen. ¹⁸
Als eine Abfolge präsentiert etwa auch Kurt Flasch in seiner Gesamtdarstellung
des philosophischen Denkens im Mittelalter die monastische und die scholastische
Kultur: Die vorangehende, monastisch geprägte Zeit, die auf agrarischen Grundlagen
beruhte, sei durch eine neuere, städtisch und universitär geprägte Zeit, die
mit dem 12. Jahrhundert anbrach, abgelöst worden. ¹⁹ In seinen wichtigen Beiträgen
zur Bernhard-Forschung und zum Konzept einer »monastischen Theologie« hat
Ulrich Köpf demonstriert, wie stark auch die theologiegeschichtlichen Arbeiten
zu Bernhard von Clairvaux von der Annahme gesteuert wurden, dieser Denker sei
primär als der Gegner des neuen, scholastischen Prinzips anzusehen, als Antipode
der Modernität, die mit der neuen Wissenschaft in die Welt getreten sei. Stets sei
er »im Schatten jener Theologen« stehen geblieben, »deren methodischem Ansatz
die Zukunft gehören sollte und denen er sich vergeblich widersetzt hatte.« ²⁰ Köpf
selbst deutet Bernhard in der Tradition Jean Leclercqs, bejaht entschieden dessen
Theorie einer monastischen Theologie, die im Kern mystisch inspiriert ist und aus
der Lebenswelt des claustrum heraus verstanden werden muss. Auch dieser Sichtweise
zufolge stehen sich die Welt der Schulen und die Welt der Klöster gegenüber.
Der entscheidende Unterschied zwischen der neuesten wissenschaftlichen Perspektive
und den fortschritts-orientierten, aufklärerischen Traditionen der Geschichtsschreibung
besteht allerdings darin, dass monastische und scholastische
Intellektualität weder nach einem Perlenschnurmodell in eine Vorher-Nachher-
Relation gebracht noch als Antipoden gegeneinander ausgespielt werden. Gerade
ihre Interrelation und mithin die Tatsache, dass monastische und scholastische
17 Die größere Prägekraft der diachronen Bezugnahme auf die Patristik statt der synchronen auf die Scholastik
betont Ulrich Köpf, Meister Eckhart und Bernhard von Clairvaux. Zwei Typen mittelalterlicher
Theologie, in: Meister Eckhart aus theologischer Sicht, hg. von Volker Leppin/Hans-Jochen Schiewer
(Meister-Eckhart-Jahrbuch 1), Stuttgart 2007, S. 27– 41, hier S. 32.
18 Zur Definition Rolf Schönberger, Was ist Scholastik? (Philosophie und Religion 2), Hildesheim 1991;
Marcia L. Colish, Remapping Scholasticism (The Etienne Gilson Series 21), Toronto 2000; Heinrich
M. Schmidinger, Scholastik, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 8, Darmstadt 1992, Sp.
1332–1342; Koch, Scholastik (wie Anm. 15); Martin Grabmann, Die Geschichte der scholastischen
Methode, 2 Bde., Freiburg im Breisgau 1909/1911.
19 Kurt Flasch, Das philosophische Denken im Mittelalter, Stuttgart 1986, S. 194.
20 Ulrich Köpf, Monastische und scholastische Theologie, in: Bernhard von Clairvaux und der Beginn der
Moderne, hg. von Dieter R. Bauer/Gotthard Fuchs, Innsbruck 1996, S. 96 –135, das Zitat S. 103; Ulrich
Köpf, Bernhard von Clairvaux. Monastische Theologie, in: Theologen des Mittelalters. Eine Einführung,
hg. von Ulrich Köpf, Darmstadt 2002, S. 79 –95.
 
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