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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0090
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Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

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Durchaus unterschieden ist auch das Verhältnis dieser Hochkulturen zu den Spä-
teren. Griechen und Juden empfanden sie als etwas anderes und fremdes, kannten sie
und bewahrten sie in ihrer Erinnerung, sahen sie mit Scheu und Bewunderung und
dann auch mit Verachtung. Die späteren Inder wußten nichts von den alten Kulturen,
hatten sie restlos vergessen. Die späteren Chinesen aus der Achsenzeit sahen in der al-
ten Hochkultur ihre eigene Vergangenheit in Kontinuität, ohne Bruch, ohne Empfin-
dung des Neuen (es sei denn dieses als Verfall), schauten sie an in einer idealisierten,
mythisch werdenden Gestalt als Vorbild, das in schaffender Phantasie entfaltet wurde.
Die eigentlich geschichtliche Bewegung blieb in den alten Hochkulturen dennoch
aus. Die Jahrtausende waren - nach außerordentlichen Anfangsschöpfungen - geistig
eine dann vergleichsweise wenig bewegte Zeit, aber eine Zeit immer wiederholter Wan-
derungen von Zentralasien her, von Eroberungen und Umwälzungen, einer Austilgung
und Mischung von Völ|kern - und einer ständigen Wiederherstellung der alten, durch 75
Katastrophen nur unterbrochenen Kultur.
Die Erzählung der Geschichte dieser Jahrtausende ist daher zwar voll von Ereignis-
sen, die aber durchweg noch nicht den Charakter von geschichtlichen Entscheidun-
gen des Menschseins tragen.

| 5. Die Achsenzeit und ihre Folgen 76

Die Charakteristik der Achsenzeit wurde von uns vorweggenommen und an den An-
fang gestellt. Denn ihre Auffassung scheint uns von zentraler Bedeutung für das Bild
der Universalgeschichte.
Wenn wir Philosophiegeschichte treiben, liegt in der Achsenzeit das Feld ergiebig-
sten, für das eigene Denken fruchtbarsten Studiums.
Man kann die Zeit eine Zwischenphase zwischen zwei Zeitaltern von Großreichen
nennen, eine Pause für die Freiheit, ein Aufatmen in das hellste Bewußtsein hinein.
a. Die Strukturierung der Weltgeschichte durch die Achsenzeit
Die Achsenzeit wird zum Ferment, das die Menschheit in den einen Zusammenhang
der Weltgeschichte bringt. Sie wird für uns zum Maßstab, an dem die geschichtliche
Bedeutung der Völker für das Ganze klar wird.
Es ist die tiefste Scheidung zwischen den Völkern durch die Weise, wie sie zu dem
großen Durchbruch sich verhalten. Wir unterscheiden:
 
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