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Jaspers, Karl; Salamun, Kurt [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 10): Vom Ursprung und Ziel der Geschichte — Basel: Schwabe Verlag, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51322#0137
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104

Vom Ursprung und Ziel der Geschichte

Um den Sinn solcher Forderungen zu verstehen, ist es notwendig, das Wesen der
Arbeit zu vergegenwärtigen, und zwar zunächst überhaupt, dann in ihrer Verwand-
lung durch den Einschnitt der Technik.
b. Wesen der Arbeit
Was durch Technik verwirklicht wird, erfordert jederzeit Arbeit. Und wo der Mensch
arbeitet, wendet er eine Technik an. Durch die Art der Technik wird die Arbeitsweise
bestimmt. Veränderungen der Technik verändern die Arbeit. Eine grundsätzliche Ver-
wandlung der Technik hat auch eine grundsätzliche Verwandlung der Arbeit zur Folge.
Erst die Verwandlung im 19. Jahrhundert hat wie die Technik, so die Arbeit zur Frage
werden lassen. Nie sind diese beiden so vielseitig und grundsätzlich erörtert wie seit
dieser Zeit.
Wir vergegenwärtigen zunächst, was Arbeit als solche ist und was sie von jeher war.
Nur an diesem Maßstab läßt sich das Spezifische der Arbeit in der neuen technischen
Welt erkennen.
1. Definition der Arbeit
Arbeit ist auf dreifache Weise zu bestimmen:
Arbeit ist körperliche Arbeit.
139 | Arbeit ist planmäßiges Tun.
Arbeit ist Grundwesen des Menschen im Unterschied vom Tier: das Hervorbringen
seiner Welt.
Erstens: Arbeit ist körperliche Arbeit. Sie ist Anstrengung, z. B. Muskelarbeit, führt
zur Ermüdung und Erschöpfung. Das Tier arbeitet in diesem Sinn ebenso wie der
Mensch.
Zweitens: Arbeit ist planmäßiges Tun. Sie ist Tun aus Absicht und Zweck. Die Anstren-
gung wird gewollt für die Gewinnung der Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen.
Schon diese Arbeit unterscheidet den Menschen vom Tier:
Das Tier befriedigt seine Bedürfnisse unmittelbar durch die Natur. Es findet für
seine Bedürfnisse fertig vor, was es braucht. Der Mensch kann seine Bedürfnisse nur
durch bewußte und geplante Vermittlungen befriedigen. Diese Vermittlung geschieht
durch Arbeit. Für diese findet er zwar das Material in der Natur, aber nicht dieses, son-
dern erst das verarbeitete Material ist für ihn zur Befriedigung geeignet.
Der tierische Trieb verzehrt und bringt zum Verschwinden, - die Arbeit bildet Werk-
zeuge, bringt Beständiges hervor, Güter, Werke. Das Werkzeug schon entfernt den
Menschen von dem unmittelbaren Zusammenhang mit der Natur. Es hält ab vom Ver-
nichten des Gegenstands, indem es ihn umformt.
Zur Arbeit genügt nicht natürliche Geschicklichkeit. Der Einzelne wird erst ge-
schickt durch Erlernen allgemeiner Arbeitsregeln.
 
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