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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0083
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LXXXII

Einleitung des Herausgebers

ten zuließ. Aus seiner Antwort geht vielmehr hervor, dass er durchaus noch Möglich-
keiten sah. Vor allem aber wird deutlich, dass er die Aufforderung der Reichsschrift-
tumskammer, einen Antrag auf Befreiung von der Mitgliedschaft zu stellen, als reale
Option wahrgenommen und keineswegs als zynisch aufgefasst hatte. »Mir ist von
der Reichsschrifttumskammer untersagt, Verlagen Manuskripte anzubieten, solange
ich keinen Befreiungsschein habe. Einen Antrag habe ich für diesen zunächst nicht
gestellt, da ich in so schweren Zeiten die persönlichen Bemühungen anderer, die für
das Gelingen solchen Antrags wohl unvermeidlich wären, nicht in Anspruch neh-
men möchte, eine Ablehnung eines nur schriftlichen, unvorbereiteten Antrags mir
aber natürlich unerwünscht wäre. Sie werden verstehen, dass ich aus diesen Gründen
jede Verhandlung mit irgendeinem Verlag, auch mit meinen alten Verlegern, vermei-
den muss.«291 Nach dieser Äußerung war es nicht die Reichsschrifttumskammer, die
Jaspers das weitere Publizieren verbot, sondern er selbst nahm Abstand davon. Damit
fällt der behauptete Unterschied zwischen den beiden Jahren 1938 und 1943 weg. Die
Situation von 1938, als Jaspers von einer Publikation seines Vortrags über »Nietzsche
und das Christentum« absah, nachdem de Gruyter Bedenken geäußert und eine Ver-
öffentlichung unter Umgehung der Parteiamtlichen Prüfungskommission abgelehnt
hatte, bestand 1943 unverändert fort.
Welche Möglichkeiten Jaspers tatsächlich besaß, wird in seinem Briefwechsel mit
Hermann Christian Mettin deutlich, einem jener Schüler, die ihm auch während der
NS-Zeit die Treue hielten und zum Kreis derer gehörten, die für die Festschrift zu sei-
nem 60. Geburtstag angefragt worden waren.292 Mettin hatte 1934 bei Arnold Berg-
straesser über die Bedeutung des Staates in Schillers Leben und Werk promoviert und
sich als Verfasser theaterkritischer Essays einen Namen gemacht, seit 1938 war er Dra-
maturg und Regisseur am Wiener Burgtheater.293 Nach seiner Einberufung in die
Wehrmacht Anfang 1943 gehörte er der Propaganda-Abteilung Don an und lag, als er
Jaspers zu seinem 60. Geburtstag gratulierte, in einem Dorf bei Potsdam marschbe-
reit für den Einsatz hinter der Front in Russland.294 Da er über gute Kontakte zu füh-
renden Persönlichkeiten im Propagandaministerium verfügte und Hanns Johst, den
Präsidenten der Reichsschrifttumskammer, persönlich kannte, wollte er sich für Jas-

291 K. Jaspers an C. M. Schröder, 10. August 1944, ebd., 253.
292 Da er gerade in die Wehrmacht einberufen worden war, musste er seinen Beitrag mit großem Be-
dauern absagen. Vgl. H. C. Mettin an K. Jaspers, 24. Februar 1943, DLA, A: Jaspers, sowie Brief-
wechsel Karl Jaspers - Oskar Hammelsbeck 1919-1969,164.
293 H. C. Mettin: Die Bedeutung des Staates in Schillers Leben, Weltanschauung und Dramen. Ein Bei-
trag zur Untersuchung des Verhältnisses von Staat und Drama, Diss. Heidelberg 1934. Die Arbeit ist
publiziert unter dem Titel Der politische Schiller, Berlin 1937. - Zur Biographie vgl. die Dokumen-
tation Schillers »Räuber« in Oberhausen, hg. und gestaltet von G. Lepges, Oberhausen 1997,119-
120.
294 Vgl. H. C. Mettin an K. Jaspers, 24. Februar 1943, DLA, A: Jaspers.
 
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