Einleitung des Herausgebers
XCI
rigkeiten der gerade in Arbeit befindlichen Übersetzung, sondern sie interessierten
sich darüber hinaus für die politische Situation und deren Berichterstattung auf dem
jeweils anderen Kontinent. Häufig sah Ashton die Lage weitaus pessimistischer als
Jaspers.326 Ein weiteres, beide verbindendes Moment stellte die Arbeitsweise dar: Wie
Jaspers einen Text vor der Zusendung an den Verlag mehrfach überarbeitete, so ging
Ashton auf analoge Weise bei einer Übersetzung vor: »Meine Hauptarbeit [...] liegt
natürlich vor der eigentlichen Übersetzung. Bevor ich ein englisches Wort zu Papier
bringe, werde ich Ihren Text Zeile für Zeile durchgearbeitet und dann zum zweiten,
vielfach zum dritten und vielleicht zum vierten Mal durchgedacht haben, bis ich >auf-
richtig< zu wissen glaube, was jeder Satz bedeutet. Das geht nicht in einem Zug. Ich
muss dabei Pausen machen und mich zwischendurch mit anderen Arbeiten beschäf-
tigen, während derer manchmal das Verständnis Ihres philosophischen Denkens un-
terbewusst fortzuschreiten scheint.«327 Beide unterschied allerdings die Tatsache, dass
Jaspers sich nur ungern - und deshalb lediglich dann, wenn es unvermeidbar war -
von der Arbeit an einem Buchprojekt abhalten bzw. unterbrechen ließ, Ashton hinge-
gen gerade eine Abwechslung durch andere Arbeiten benötigte, um Abstand zu gewin-
nen 328 Sehr förderlich sei es nun, so Ashton, »wenn es sich bei dieser eingeschalteten
Tätigkeit nicht um andere Autoren, sondern um nichtphilosophische Texte von Ihnen
handelt - wie z.B. um die Bundesrepublik. Ich kann so unterbrechen, ohne aus Ihrer
Denk- und Schreibweise herauszukommen, und der Zeitverlust wird geringer sein,
als es bei einer Rückkehr zur Philosophie von irgendwelch anderen Arbeiten der Fall
wäre.«329 Nur aus diesem Grund willigte die University of Chicago Press ein, Ashton
mit der Übersetzung zweierJaspers-Werke parallel zu beauftragen. Zunächst hatte Jas-
pers, wie auch der Verlag, darin einen Interessenkonflikt gesehen.330
Zu einer längeren Auseinandersetzung kam es 1962 zwischen Henry Regnery und
Paul Arthur Schilpp um die Übersetzung der »Philosophischen Autobiographie«. Jas-
pers hatte diesen Text für den von Schilpp in der Library ofLivingPhilosophers heraus-
gegebenen Band verfasst.331 Nach der Abgabe des Manuskripts (1953) verzögerte sich
die Publikation des Bandes (1957) allerdings um mehrere Jahre. Jaspers vermutete,
dass Schilpp, der die »Philosophische Autobiographie« und die noch etwas umfang-
326 Dies gilt etwa für Jaspers’ und Ashtons Enttäuschung über Kuba bzw. die Einschätzung Kenne-
dys. Vgl. dazu E. B. Ashton an K. Jaspers, 31. Mai 1961, in diesem Band, S. 528. Vgl. dagegen zur
hoffnungsvolleren Haltung von Jaspers, der sich nicht habe entschließen können, »über Ken-
nedy schon den Stab zu brechen«, K. Jaspers an E. B. Ashton, 8. Juni 1961, ebd., 529.
327 E. B. Ashton an K. Jaspers, 2. Juli 1966, ebd., 539.
328 Vgl. ebd.
329 Ebd.
330 Vgl. ebd.
331 P. A. Schilpp (Hg.): The Philosophy ofKarl Jaspers, New York 1957.
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rigkeiten der gerade in Arbeit befindlichen Übersetzung, sondern sie interessierten
sich darüber hinaus für die politische Situation und deren Berichterstattung auf dem
jeweils anderen Kontinent. Häufig sah Ashton die Lage weitaus pessimistischer als
Jaspers.326 Ein weiteres, beide verbindendes Moment stellte die Arbeitsweise dar: Wie
Jaspers einen Text vor der Zusendung an den Verlag mehrfach überarbeitete, so ging
Ashton auf analoge Weise bei einer Übersetzung vor: »Meine Hauptarbeit [...] liegt
natürlich vor der eigentlichen Übersetzung. Bevor ich ein englisches Wort zu Papier
bringe, werde ich Ihren Text Zeile für Zeile durchgearbeitet und dann zum zweiten,
vielfach zum dritten und vielleicht zum vierten Mal durchgedacht haben, bis ich >auf-
richtig< zu wissen glaube, was jeder Satz bedeutet. Das geht nicht in einem Zug. Ich
muss dabei Pausen machen und mich zwischendurch mit anderen Arbeiten beschäf-
tigen, während derer manchmal das Verständnis Ihres philosophischen Denkens un-
terbewusst fortzuschreiten scheint.«327 Beide unterschied allerdings die Tatsache, dass
Jaspers sich nur ungern - und deshalb lediglich dann, wenn es unvermeidbar war -
von der Arbeit an einem Buchprojekt abhalten bzw. unterbrechen ließ, Ashton hinge-
gen gerade eine Abwechslung durch andere Arbeiten benötigte, um Abstand zu gewin-
nen 328 Sehr förderlich sei es nun, so Ashton, »wenn es sich bei dieser eingeschalteten
Tätigkeit nicht um andere Autoren, sondern um nichtphilosophische Texte von Ihnen
handelt - wie z.B. um die Bundesrepublik. Ich kann so unterbrechen, ohne aus Ihrer
Denk- und Schreibweise herauszukommen, und der Zeitverlust wird geringer sein,
als es bei einer Rückkehr zur Philosophie von irgendwelch anderen Arbeiten der Fall
wäre.«329 Nur aus diesem Grund willigte die University of Chicago Press ein, Ashton
mit der Übersetzung zweierJaspers-Werke parallel zu beauftragen. Zunächst hatte Jas-
pers, wie auch der Verlag, darin einen Interessenkonflikt gesehen.330
Zu einer längeren Auseinandersetzung kam es 1962 zwischen Henry Regnery und
Paul Arthur Schilpp um die Übersetzung der »Philosophischen Autobiographie«. Jas-
pers hatte diesen Text für den von Schilpp in der Library ofLivingPhilosophers heraus-
gegebenen Band verfasst.331 Nach der Abgabe des Manuskripts (1953) verzögerte sich
die Publikation des Bandes (1957) allerdings um mehrere Jahre. Jaspers vermutete,
dass Schilpp, der die »Philosophische Autobiographie« und die noch etwas umfang-
326 Dies gilt etwa für Jaspers’ und Ashtons Enttäuschung über Kuba bzw. die Einschätzung Kenne-
dys. Vgl. dazu E. B. Ashton an K. Jaspers, 31. Mai 1961, in diesem Band, S. 528. Vgl. dagegen zur
hoffnungsvolleren Haltung von Jaspers, der sich nicht habe entschließen können, »über Ken-
nedy schon den Stab zu brechen«, K. Jaspers an E. B. Ashton, 8. Juni 1961, ebd., 529.
327 E. B. Ashton an K. Jaspers, 2. Juli 1966, ebd., 539.
328 Vgl. ebd.
329 Ebd.
330 Vgl. ebd.
331 P. A. Schilpp (Hg.): The Philosophy ofKarl Jaspers, New York 1957.