Karl Jaspers - Beacon (1949-1967)

31 Karl W. Deutsch an Karl Jaspers
Typoskript; DLA, A: Jaspers, auf Briefpapier von The Beacon Press, Boston 8, Massachusetts
Den 19. Januar 1949
Werter Herr Professor Jaspers:
Herzlichen Dank für Ihre Bücher »Von der Wahrheit« und »Der Philosophische
Glaube«. Das Erscheinen Ihrer »Idee der Universität« hier ist für September angesetzt;81
technische Schwierigkeiten erzwangen die Verzögerung.
»Von der Wahrheit« hätte uns hier sehr bedeutungsvolle Dinge zu sagen. Wir könn-
ten gerade jetzt kaum die Kosten der Veröffentlichung eines so umfangreichen Wer-
kes tragen, das sich an einen so ausgewählten Leserkreis wendet, aber wir möchten so
schnell als möglich wenigstens ein Kapitel amerikanischen Lesern zugänglich ma-
chen, um seiner eigenen Tiefe und Wahrheit willen und in der Hoffnung, so viel An-
klang damit zu finden, dass der baldigsten Veröffentlichung des ganzen Werkes der
Weg bereitet wird.
Das Kapitel, das wir sofort übersetzen möchten, ist »Das tragische Wissen« (»Von
der Wahrheit«, S. 915-961), das hier von unmittelbarer Bedeutung für die gegenwärtige
Diskussion mit Reinhold Niebuhr und den Vertretern der »Neu-Orthodoxie« wäre.82
Der Sonderdruck dieses Kapitels - etwa unter dem Titel »Tragedy is Not Enough« -
könnte weite Verbreitung finden, die Diskussion auf eine höhere Stufe heben und in
weiten Kreisen das Interesse an Ihrem ganzen Werke fördern.
Für Ihre freundliche Bewilligung zur Übersetzung und Veröffentlichung dieses
Kapitels - von der Überschrift »Über die ursprünglichen Anschauungen: Religion,
Kunst, Dichtung« auf Seite 915 bis zu den Worten »... lieben und grenzenlos hoffen
zu können« auf Seite 961, und selbstverständlich unbeschadet aller Ihrer Rechte an
dem ganzen Werke »Von der Wahrheit« - könnten wir die gleichen Bedingungen an-
bieten als für »Die Idee der Universität«: zehn Prozent des Einzelhandelspreises aller
verkauften Exemplare und, falls Sie es so wünschen, einhundert Dollars als Vorschuss
hievon bei Erhalt Ihrer Zustimmung.
Es tut mir sehr leid, dass es mir nicht möglich war, im vergangenen Sommer Sie in
der Schweiz aufzusuchen, und dass es uns nicht möglich war, Sie auf dem Philoso-
phiekongress in Amsterdam zu begrüssen: ein ernster Verlust für den Kongress.83 So
muss ich mich jetzt mit Ihren Büchern trösten.84